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Top-Themen

Verfassungsschutz

Verfassungsschutzbericht 2013

Bundesinnenminister de Maizière hat vor kurzem den Verfassungsschutzbericht 2013 vorgelegt, der über Art und Umfang verfassungsfeindlicher Entwicklungen in unserem Land sowie über Organisationen und Gruppierungen, die sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richten, informiert.

Die Informationen des Verfassungsschutzes dienen gleichermassen der Erfüllung staatlicher Aufgaben als auch der politischen, gesellschaftlichen und journalistischen Auseinandersetzung mit dem Extremismus.

De Maizière: "Die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus bleibt eine wesentliche Aufgabe des Verfassungsschutzes. Der Anstieg des islamistischen Personenpotenzials beruht insbesondere auf dem stetigen Zuwachs bei den Anhängern salafistischer Bestrebungen in Deutschland. Im Jahr 2013 stand der Bürgerkrieg in Syrien im Zentrum der islamistischen Propaganda. Das gesamte "jihadistische Spektrum" verfolgt die dortige Entwicklung mit grosser Aufmerksamkeit. Eine besondere Gefahr sind Reisebewegungen von Jihadisten aus Deutschland nach Syrien und zurück. Bei Rückkehrern nach Europa, besteht die Gefahr von Anschlagsplanungen, aber auch der Rekrutierung neuer Mitglieder oder Unterstützer für terroristische Organisationen. Die anhaltende Ausreise von Islamisten aus Deutschland und aus ganz Europa nach Syrien und die Wiedereinreisen zeigen, dass wir es mit einem internationalen Phänomen zu tun haben. Der Anschlag von Brüssel hat uns vor Augen geführt, dass aus der Möglichkeit eines Anschlags durch solche Syrien-Rückkehrer eine tödliche Realität geworden ist. Eine enge Zusammenarbeit der deutschen Sicherheitsbehörden untereinander und mit internationalen Partnern ist zur Eindämmung dieser Gefahr unerlässlich.

Die Spionageabwehr ist eine zentrale Aufgabe des Verfassungsschutzes. Fragen der Cybersicherheit und Cyberabwehr werden neue Arbeitsschwerpunkte des Ministeriums und auch der Sicherheitsbehörden sein. Handlungsbedarf steht jedoch nicht nur auf der Seite des Staates sondern auch auf der Seite der Unternehmen. Wirtschaftsschutz steht mehr denn je auf der sicherheitspolitischen Agenda".

Wesentliche Erkenntnisse:

Politisch motivierte Kriminalität (PMK)
Das Bundeskriminalamt (BKA) registrierte für das Jahr 2013 insgesamt 31.645 (2012: 27.440) politisch motivierte Straftaten. In dieser Zahl sind 13.105 (41,4%) Propagandadelikte enthalten (2012: 13.524 Delikte = 49,3%). 2.848 Taten (9,0%) sind der politisch motivierten Gewaltkriminalität zuzuordnen (2012: 2.464 = 9,0%). Bei 22.129 Straftaten (69,9%) der politisch motivierten Straftaten lag ein extremistischer Hintergrund vor (2012: 21.265 = 77,5%). Davon konnten 537 (2012: 284) keinen bestimmten Phänomenbereich zugeordnet werden.

Hervorzuheben sind zwei Aspekte:
  • die erneut angestiegene Zahl fremdenfeindlicher Gewalttaten sowie
  • der enorme Anstieg linksextremistischer Gewalttaten.

Im Einzelnen:

Im Phänomenbereich "Politisch motivierte Kriminalität - rechts" wurden 16.557 (2012: 17.134) Straftaten mit extremistischem Hintergrund erfasst, darunter 801 (2012: 802) Gewalttaten. Damit sank die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten um 3,4%, während die Zahl der Gewalttaten gleich geblieben ist. Der Anteil der Gewalttaten an der Gesamtzahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten beträgt 4,8% (2012: 4,7%). Bei 80,7% (2012: 81,4%) aller rechtsextremistisch motivierten Straftaten handelte es sich um Propagandadelikte (11.639 Taten, 2012: 12.219) und um Fälle von Volksverhetzung (1.727 Taten, 2012: 1.733).

146 Gewalttaten (2012: 189) richteten sich gegen Linksextremisten oder vermeintliche Linksextremisten, weitere 52 (2012: 66) gegen sonstige politische Gegner.

Dem Phänomenbereich "Politisch motivierte Kriminalität - links" wurden 8.673 (2012: 6.191) Straftaten zugeordnet, hiervon 1.659 (2012: 1.291) Gewalttaten. In diesem Bereich wurden 4.491 (2012: 3.229) Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund erfasst, darunter 1.110 (2012: 876) Gewalttaten,womit annähernd das Niveau von 2011 mit der bislang höchsten Zahl linksextremistisch motivierter Gewalttaten seit der Einführung des geltenden Definitionssystems "Politisch motivierte Kriminalität" im Jahr 2001 erreicht wurde. Dies bedeutet einen Anstieg linksextremistisch motivierter Straftaten um 39,1% und der Gewalttaten um 26,7%. Von den linksextremistisch motivierten Gewalttaten wurden 632 (2012: 471) gegen die Polizei oder Sicherheitsbehörden und 566 (2012: 405) gegen Rechtsextremisten oder vermeintliche Rechtsextremisten sowie 151 Gewalttaten (2012: 32) im Themenfeld "Kampagne gegen Umstrukturierung" ausgewiesen.

Im Phänomenbereich "Politisch motivierte Ausländerkriminalität" wurden 544 (2012: 618) Straftaten mit extremistischem Hintergrund erfasst, darunter 76 (2012: 117) Gewalttaten. Damit sank die Zahl der Straftaten im Bereich "Politisch motivierte Ausländerkriminalität" mit extremistischem Hintergrund um 12,0% und die Zahl der Gewalttaten um 35%.

Bedeutung des Internets für extremistische Bestrebungen

Das Internet garantiert eine schnelle Verbreitung und enorme Reichweite mit weitgehenden Gestaltungsfreiheiten. Aufgrund der Möglichkeit, anonym zu veröffentlichen, werden extremistische Positionen offen und unverhohlen dargestellt.

2013 zeigte sich die Bedeutung des Internets insbesondere in der islamistischen Syrien-Propaganda. Die Glorifizierung kämpfender Einheiten in Konfliktgebieten wird mit dem direkten Aufruf verknüpft, sich dem gemeinsamen Kampf anzuschliessen. Die propagandistische Agitation der Islamisten ist ein Grundstein für die Ausreisewelle von "Jihadisten" in das Kampfgebiet.

Im Rechtsextremismus ist vor allem die im Internet massiv unterstützte Kampagne gegen Asylbewerber hervorzuheben. Ein markantes Beispiel rechtsextremistischer Einflussnahme in der "Asyldebatte" ist die überwiegend im Internet agierende "Bürgerbewegung Marzahn- Hellersdorf" mit den zahlreichen Kommentaren vorgeblicher Anwohner in eindeutig rechtsextremistischer Diktion auf der Facebook-Seite.

Linksextremisten dient die elektronische Kommunikation als Mittel zu "Mobilisierung und Revolte", so z.B. auch zu Demonstrationen. Sie nutzen gruppenunabhängige Internetplattformen wie "Indymedia Deutschland" oder "linksunten.indymedia", um eine "von staatlichen Kontrollen und kapitalistischen Interessen" freie "Gegenöffentlichkeit" zu etablieren und vor allem Taterklärungen oder Selbstbezichtigungsschreiben zu veröffentlichen.

Links- und Rechtsextremisten werben in Videos mit zum Teil martialischen Bildsequenzen für ihre Demonstrationen, ein Effekt, der erkennbar auf Emotionalisierung und Einstimmung auf gewalttätige Aktionen zielt.

Zu den Internetpräsenzen, auf denen sich in besonders massiver Art und Weise rechtsextremistische Agitation und Propaganda entfaltet, zählt die - seit 2012 indizierte - Internetplattform "Altermedia Deutschland". Neben einer rechtsextremistisch verzerrten Berichterstattung über das aktuelle Zeitgeschehen werden auch Aktivitäten und Geschehnisse in der rechtsextremistischen Szene positiv kommentiert.

Durch das Internet eröffnen sich vielfältige Inspirationsquellen, Handlungsanleitungen, die - ideologisch entkernt - für alle extremistischterroristischen Gruppen nutzbar sind. Gruppen unterschiedlicher Couleur lernen hier voneinander, zumindest was den Modus Operandi militanter Aktionen angeht.

Mit den neuen technischen Mitteln verändern sich auch Agitations- und Radikalisierungsvarianten: Das Internet wird zum Katalysator neuer Strukturen im Extremismus, zur Keimzelle neuer Aktionsformen in der Realwelt.

Das Medium Internet wird bei der Verbreitung extremistischer Propaganda, als Kommunikationsplattform und nicht zuletzt bei der Koordination von Aktivitäten weiter an Bedeutung gewinnen: eine Entwicklung, der sich die Sicherheitsbehörden mit geeigneten Mitteln entgegenstellen müssen.

Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten

Fremde Nachrichtendienste betreiben nach wie vor mit einem hohen organisatorischen und finanziellen Aufwand Spionage gegen Deutschland.

Das Interesse gilt Deutschland als weltpolitischem Akteur, als NATO und EU-Mitglied und schliesslich auch seiner Wirtschaftskraft und seinen innovativen Unternehmen. Weiteres Ausforschungsziel der Dienste sind systemoppositionelle Gruppen aus ihren Heimatländern.

Hauptträger der Spionageaktivitäten gegen Deutschland sind nach wie vor die Russische Föderation und die Volksrepublik China. Doch auch Dienste anderer Staaten sind gegen Deutschland aktiv. Die zweite Hälfte des Jahres 2013 war geprägt von den im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen Edward Snowdens insbesondere gegen die USA erhobenen Spionagevorwürfen.

Spionage gegen unser Land wird sowohl mit menschlichen Quellen als auch technikgestützt durchgeführt, sowohl offen als auch konspirativ. Die Nachrichtendienste fremder Staaten sind an den jeweiligen amtlichen oder halbamtlichen Vertretungen in Deutschland präsent. Hier unterhalten sie mit Legalresidenturen abgetarnte nachrichtendienstliche Stützpunkte. Aus diesen Basen knüpfen Nachrichtendienstoffiziere Kontakte zu Zielpersonen und versuchen auf diesem Weg, an die gewünschten Informationen zu gelangen.

Aber nicht nur aus den Legalresidenturen heraus werden fremde Nachrichtendienste tätig. Auf eigenem Hoheitsgebiet stehen ihnen umfangreiche Rechte und Möglichkeiten zur Verfügung, Informationen über ausländische Staatsangehörige zu sammeln. Auch reisen Nachrichtendienstoffiziere aus der Dienstzentrale zu Erkundungs- und Treffreisen in andere Länder.

Russische Nachrichtendienste setzen auch weiterhin sogenannte Illegale ein. Das sind Nachrichtendienstmitarbeiter, die mit einer Falschidentität ausgestattet in Zielländer eingeschleust werden. Aufgrund guter Tarnung können sie dort langfristig Spionageeinsätze durchführen oder vorübergehend bestimmte nachrichtendienstliche Aktivitäten als "Reise-Illegale" erledigen.

Im Zeitalter der Digitalisierung gewinnt die technische Informationsbeschaffung stetig an Bedeutung. Cyberspionage fremder Dienste stellt die Spionageabwehr vor besondere Herausforderungen: technologisch, rechtlich und analytisch, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass "Elektronische Angriffe" sowohl zur Spionage als auch zur Sabotage genutzt werden können. Der Schutz Kritischer Infrastrukturen gewinnt an Bedeutung.

Die zunehmende Wirkungskraft digitaler Spionage geht aber keineswegs einher mit einem Bedeutungsverlust menschlicher Quellen. Einem "Innentäter" - an der "richtigen" Stelle platziert - kann es heute möglich sein, eine solche Fülle an geheimen Informationen zu erlangen, wie es in früheren Zeiten selbst einem Netz von Agenten nicht möglich gewesen wäre.

Darüber hinaus bemühen sich einige Länder, in den Besitz von Technologien für Massenvernichtungswaffen zu gelangen. Sie versuchen, Kontrollmassnahmen in den Ausfuhrländern durch Lieferungen über Drittländer zu verschleiern oder durch die Beschaffung von Gütern, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können ("dual use"-Güter) zu umgehen. Die Weiterverbreitung von atomaren, biologischen oder chemischen Massenvernichtungswaffen bzw. der zu ihrer Herstellung verwendeten Produkte sowie entsprechender Waffenträgersysteme (z.B. Raketen und Drohnen) einschliesslich des dafür erforderlichen Know-hows wird als Proliferation bezeichnet.

Als bedeutende Industrienation ist Deutschland ein wichtiges Ziel für proliferationsrelevante Beschaffungsbemühungen. Insbesondere die Aktivitäten des Iran und Nordkoreas geben grossen Anlass zur Sorge.

Der Technologie- und Forschungsstandort Deutschland weckt aber auch weitere Begehrlichkeiten. Fremde Staaten und ihre Nachrichtendienste versuchen, auf vielfältige Weise Informationen und Know-how abzuschöpfen mit dem Ziel, der eigenen Volkswirtschaft Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und möglichst schnell Technologielücken zu schliessen.

Die Bundesregierung misst dem Wirtschaftsschutz und seinem Ziel, deutsches Know-how als Wettbewerbsvorteil zu sichern, hohe Bedeutung zu. Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sehen sich daher in der Pflicht, auch präventiv gegen diese Bedrohungen vorzugehen.

Autor: VHSt

HBZ · 09/2014
 
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