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Quatsch mit Soße (1)

Diesmal: Herz, zeitgenössisch banalisiert

Mit dem Herzen hat es die Menschheit. Einmal abgesehen vom pathologischen Bereich (in den auch das das "künstlerische" Arrangieren - und zwar behauptetermaßen dem Herzen zuliebe - von präparierten Leichen seitens des Zeitgenossen Prof. Seltsam (Hamburg, Hafencity 2012/13) gehört, wird das Herz seit Jahrtausenden als Sitz des Lebens gewichtet und zitiert.

Das Herz ist sein eigener Gott. steht auf einem ägyptischen Sarg in einem Wiener Museum. Der Gott Ptah erdenkt das Weltall erst mit seinem Herzen, bevor er an die Ausgestaltung geht.

(...) jener Mann, der dort gegenüber, vor dir sitzen darf und nahe den Klang der süßen Stimme vernehmen, und des Lachens lieblichen Reiz! Das hat mir starr gemacht das Herz in der Brust vor Schrecken, (...)

Sappho, 6. Jh. v. Chr., beschreibt dann anschaulich die Wirkung ihrer eifersüchtigen Wahrnehmung auf weitere Körperpartien.

(...) du bist beslozzen in minem herzen, verloren ist das sluzzelin, nun muostu iemer darinnen sin. (...) dichtet ein Minnesanger

Gegen Regeldichtung, rational bestimmtes Schreiben, das französisch- aristokratischem Geschmack und Hierarchie-Denken zugeschrieben wurde, setzen englische und insbesondere deutsche Poeten des 18. Jahrhunderts Empfindsamkeit und die unüberschaubaren Regungen des "Herzens":

(...) Bester Freund, was ist das Herz des Menschen! schreibt Goethes Werther an seinen Freund Wilhelm und bemüht das Herz gleich im Anfangskapitel seines Briefromans von 1774 gleich siebenmal.

Ein fühlendes Herz ist der jungen, damals vorrevolutionären Generation ein betonenswerter Besitz. Unmöglich, die vielfältigen Verwendungen des Herzens in der romantischen Literatur des 19. Jahrhunderts aufzuzählen!

Erwähnt werden soll hier aber aus diesem Zeitalter der industriellen Entwicklung und der wachsenden Vermögen das Märchen Das kalte Herz (1825/27) von Wilhelm Hauff.

Hier wird das empfindungsreiche Organ eines armen Mannes mit Hilfe und auf Wunsch eines Angehörigen der Hölle ausgetauscht gegen einen Stein. Der von seinen Begierden Verführte hat dafür nun Geld in Hülle und Fülle, gibt sich mit "Artgenossen" allen möglichen "Events" hin, bis er die unangenehmen Folgen der Verbindung mit dem Teufel erfährt: Er fühlt weder Freude noch Leiden, kennt nur noch den Kreis der "Mitverdammten", und schließlich "stimmt auch die Kasse nicht mehr". Der Teufel hat den Arglosen ausgetrickst.

Hier wird das empfindungsreiche Organ eines armen Mannes mit Hilfe und auf Wunsch eines Angehörigen der Hölle ausgetauscht gegen einen Stein. Der von seinen Begierden Verführte hat dafür nun Geld in Hülle und Fülle, gibt sich mit "Artgenossen" allen möglichen "Events" hin, bis er die unangenehmen Folgen der Verbindung mit dem Teufel erfährt: Er fühlt weder Freude noch Leiden, kennt nur noch den Kreis der "Mitverdammten", und schließlich "stimmt auch die Kasse nicht mehr". Der Teufel hat den Arglosen ausgetrickst.

Nun, da es ein Märchen ist: Mit Hilfe seines "guten Geistes", der Arbeitsamkeit und Pflichtbewusstsein vertritt, gelingt es ihm, sein fühlsames Herz wiederzubekommen und die bösen Folgen seiner Verblendung wieder gut zu machen.

Eine geistreiche, christlich orientierte Gestaltung des Spruches "Geld macht nicht glücklich"? Es ist sehr lohnend, dieses Märchen ausführlich, mit Blick auf die sozialen Entwicklungen zu interpretieren. Der Verfasser Hauff konnte diese nicht weiter verfolgen; er starb im Jahr der Veröffentlichung, mit 25 Jahren.)

Klar, dass nach Kriegen und Barbarei "Herz" hoch im Kurs steht; der Schlager der 50er Jahre verklärt Liebesbeziehungen, mitleiderregend und schlierig im langsamen Walzerschritt: Glaube mir, glaube mir, meine ganze Liebe gab ich dir; warum wendet sich dein Herz von mir, sag, was kann ich dafür? (Wolfgang Sauer)

War es nicht nach der Wende und insbesondere nach Einführung des Euro, dass "Herz" inflationär zitiert wurde? Welcher Politiker kam in seiner Plakat - Werbung ohne "Herz" aus? Kein Institut der freien Marktwirtschaft verzichtet(e) auf die Beteuerung: Herzlich willkommen in Geschäften, Banken und Postfilialen, an Kassen; im Widerspruch dazu die hektische Aufforderung, "Abstand halten", weil jedem plötzlich Raubgier auf Kontodaten und Portemonnaie des Nebenmanns unterstellt wurde.

Herzlich willkommen. Sie rufen außerhalb unserer Sprechzeiten an. Unsere Praxis ist geöffnet montags bis freitags 9 bis 12 und von 16 - 18 Uhr … (Es ist 9.15 Uhr) Und später: Herzlich willkommen. Sie rufen außerhalb … usw. Inzwischen ist es 9.50 Uhr.

In welcher Verfassung war die Person, die zuerst eine Investition an "Herz" für ihre Zivilgeschäfte nötig fand?

Autor: VHSt

HBZ · 03/2016
 
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