VHSt - Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
 
Aktuelle Ausgabe
Titelfoto: © Ansicht des Chilehauses (c) stahlpress

Das Mitgliedermagazin

Hamburgische Zeitschrift für den öffentlichen Dienst

 

Mitglied werden

Profitieren Sie von der Mitgliedschaft im VHSt. Einfach ausdrucken und ausgefüllt an uns senden.

 

BESONDERE VERANSTALTUNGEN


 

Top-Themen

Stadtmuseum Kiel: 'das büro' 1880 bis 1980

Die Kieler Schreibmaschinensammlung und die Geschichte der Büroarbeit

Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte Schreibmaschine rationalisierte im Zuge des wirtschaftlichen und industriellen Aufschwungs weltweit die Schreibarbeit in den Kontoren von Verwaltung und Handel.

Eine Ausstellung im Stadtmuseum Kiel über historischer Bürogeräte dokumentiert den Wandel von Arbeitswelt, Technik und Berufsbildern in Kontoren und Büros mit einer umfangreichen Sammlung an Schreibmaschinen, Bürogeräten und begleitender Dokumentation in anschaulicher und eindrucksvoller Weise in über 100 Jahren. Die Ausstellung zeigt neben den wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Aspekten auch die technische Chronologie der verschiedenen Schreibmaschinentypen. Die gestalterische Entwicklung von Bürogeräten wird anhand der Firma Olivetti verdeutlicht, die mit der rote Kofferschreibmaschine "Valentine" eine Design-Ikone schuf.

Die ersten Schreibmaschinen

Die Geschichte der Schreibmaschine beginnt im Jahr 1714, als Henry Mill das Patent auf ein Gerät zum fortlaufenden Abdruck von Buchstaben erhielt. In den folgenden 150 Jahren erprobten sich etliche Erfinder an einer praktikablen Schreibmaschine, bis der dänische Pastor Malling-Hansen 1867 die sogenannte Schreibkugel entwickelte, mit der der Leiter einer Taubstummen-Anstalt seinen Schützlingen ein Kommunikationsmittel geben wollte. Es war die erste fabrikmäßig produzierte Schreibmaschine, und das Jahr 1867 gilt damit als Erfinderjahr der modernen Schreibmaschine.

Etwa zur gleichen Zeit entwickelten die drei Amerikaner Sholes, Glidden und Soulé mehrere Schreibmaschinenmodelle, für die der Waffenhersteller Remington die Produktion übernahm. Ab 1877 erschien die Remington Nr. 1.

Da die früheren Schreibmaschinen noch etliche Mängel aufwiesen, z. B. war die Schrift für den Schreiber nicht sichtbar, die Tastatur lediglich alphabetisch geordnet, entwickelten die Erfinder Crandall (1879), Hall (1880) und Hammond (1881) weitere, teilweise gänzlich neue Schreibmaschinentypen, die zunehmend Abnehmer fanden. Die ersten deutschen Schreibmaschinen waren die "Hamonia" (1882) und "Westphalia" (1884).

Die im 19. Jahrhundert entwickelte Schreibmaschine rationalisierte weltweit die Arbeit in Gewerbe, Handel und Verwaltung. Auch in den Verwaltungen wurden Schreibmaschinen angeschafft und z. B. in der Stadtverwaltung Kiel 1905 eine erste "Sekretärin" eingestellt, denn das Maschineschreiben galt zunehmend als Frauenarbeit. Büros waren in den 1920er Jahren begehrte Arbeitsplätze und wurden zum Inbegriff einer sauberen urbanen Arbeitswelt. In der Zeit des Wirtschaftswunders verfestigten sich die Hierarchien und Geschlechterrollen. Das Berufsbild der Sekretärin war festgeschrieben auf die Karriere als Chefsekretärin oder als "Typse" im Schreibbüro, wo statt des Stenoblocks das Diktiergerät den Arbeitstakt vorgab. Die technische Weiterentwicklung brachte in den 1960er Jahren leisere elektrische Maschinen mit modernem Design auf den Markt. So gab etwa die Firma Olivetti den Geräten Eleganz und neues intellektuelles Image. Sie entwickelte auch erste elektronische Rechenund Schreibmaschinen und leitete so in den Büros die digitale Revolution ein.

Die Elektronische Explosion

In den 1960 Jahren fand ein Wechsel von mechanischen und elektrischen zu elektronischen Geräten statt. Die ersten Computer -damals noch als große Rechnerschränke- kamen auf den Markt und die elektronische Datenverarbeitung zog in die Büros ein.

Die Firma Olivetti damals entwickelte mit der Programma 101 den ersten frei programmierbaren Tischcomputer der Welt. Mit diesem Produkt wurde die "Intelligenz" der Großrechner an den einzelnen Arbeitsplatz übertragen. Aus den Geräten entwickelten sich in den 1980er Jahren die Personal Computer.

Die in den 1970 er Jahren stark zunehmende Anwendung elektronischer Geräte im Büro zog immense Veränderungen des Arbeitsalltages und der Kommunikation nach sich. Durch den Einsatz von Schreib-, Rechen- und Buchungsmaschinen mit zunächst nur einfacher digitaler Fachsoftware und Datenbanken konnte die Arbeit effizienter organisiert und strukturiert werden. Produktivität und Professionalität in den Büros erreichten ein neues Niveau. Der Einsatz der Elektronik bezieht sich nicht nur auf Großrechner, sondern auch auf kleine Geräte wie Schreibmaschinen für den "persönlichen, dezentralisierten Gebrauch" am einzelnen Arbeitsplatz.

Die Schreibmaschine auf Reisen

Ursprünglich zum Gebrauch in Verwaltung und Büro konzipiert, wurden schon früh transportable, sogenannte Reiseschreibmaschinen entwickelt. Diese in Abmessung und Gewicht stark reduzierten Koffer-Geräte waren für die mobile Anwendung etwa im Außendienst gedacht, fanden sich aber auch in Privathaushalten.

1969 designten Ettore Scottsass und Perry A. King für Olivetti die rote "Valentine". Die aus knallrotem Kunststoff gefertigte Maschine reflektierte die Einflüsse der Jugendbewegung der 1960er Jahre. Sie erregte durch ihre Farbe Aufsehen, während Form wie Material modern und massenorientiert waren. "Erfunden zum Gebrauch an jedem Ort außer einem Büro" war die "Valentine" eine Art Antidall Schreibmaschine. Die längst zu den Design-Klassikern zählende "Valentine" war nicht nur einfach ein Schreibgerät, sondern als "Lifestyle-Produkt" Ausdruck eines modernen Lebensstils.

Die 1980er - Höhepunkt und Niedergang

Die Entwicklung der Schreibmaschine erreichte Ende der 1980er-Jahre ihren Höhepunkt. Die teuren Spitzenmodelle waren Textverarbeitungssysteme und verfügten über einen Bildschirm, und Massenspeicher, waren komfortabel, ergonomisch, schnell und lieferten ein makelloses Schriftbild. Diese Systeme kosteten jedoch meist mehrere tausend DM, waren dafür aber als Büromaschinen für die tägliche Arbeit ausgelegt.

Zu Beginn des Jahres 2003 wurde die Schreibmaschine aus dem Verbraucherpreisindex gestrichen, nachdem sie fast vollständig durch computergesteuerte Drucker verdrängt worden war.

Vom Kontor zum Büro

Abgeleitet vom französischen Begriff "comptoir", deutsch "Zahltisch", galten Kontore seit der Hansezeit als kaufmännische Geschäftsräume, in denen Buchführung und Schriftverkehr bearbeitet wurden. Schreibarbeiten oder Registratur- und Karteiführung bearbeitet wurden. Schreibarbeiten oder Registraturund Karteiführung fielen auch in Behörden und Kanzleien an. Kontorarbeit war eine männliche Berufsdomäne: Sekretäre, Amtsschreiber, Buchhalter, Kanzlei-, Handlungs- oder Kaufmannsgehilfen arbeiteten für Juristen, Amtsmänner und Kaufleute. Wesentliche berufliche Voraussetzungen waren fehlerfreies Rechnen und gute Handschrift, um Journale zu führen und Dokumente anzulegen.

Zur zentralen Ausstattung des Kontors gehörten das hohe Schreibpult, an dem im Stehen gearbeitet wurde, mit Schreibgeschirr, bestehend aus Schreibfeder, Tinte und Löschsandstreuer sowie Regale und Ablagen für die Papiere. Ein moderner Begriff für die Schreibstuben ist da ebenfalls aus dem Französischen abgeleitete "bureau", heute eingedeutscht "Büro". Er bürgerte sich um die Wende zum 20. Jahrhundert ein, als bereits eine Professionalisierung und Professionalisierung und Technisierung des Schriftverkehrs und der Schriftgutverwaltung eingesetzt hatte und zunehmend Frauen in das Berufsfeld drangen.

Autor: VHSt

HBZ · 11/2016
 
Weitere Meldungen:

Das Netzwerk des Führungsnachwuchses

Die Ratten-AG

Sie nennen sich selbst "Ratten". Es zeugt von Selbstbewusstsein und Humor, sich nach Tieren zu benennen, die viele eher als Schädlinge betrachten würden. Dabei gelten die Nager zugleich ...
HBZ · 3/2024
 

Keine Angst vor dem Finanzamt

Einkommenssteuerberatung des VHSt

Der erfahrene Steuerberater Jörg Hahn berät alle Mitglieder des Vereins Hamburgischer Staatsbeamten kompetent rund um das Thema Steuererklärung - kostenlos. Fu...
HBZ · 3/2024
 

Editorial

Gut beraten und vernetzt

Liebe Mitglieder des VHSt, liebe Kolleginnen und Kollegen, inzwischen liegt die Lohnsteuerbescheinigung des letzten Jahres wohl auch auf Ihrem Tisch und sorgt für ein schlechtes Ge...
HBZ · 3/2024
 

Das Hamburg-Rätsel

Auf welchem Gebäude thront diese Weltkugel?

Liebe Leserin und lieber Leser, mit unserem Hamburg-Rätsel können Sie testen, wie gut Sie Hamburg kennen....
HBZ · 1/2024
 

Aufgeblättert: Buchtipp

Fußball-Ikone: 'Uns Uwe'

Uwe als Buttje mit Lederball, Uwe auf Schneeboden im Stadion Rothenbaum, Uwe im Nationaldress, Uwe beim Autogrammschreiben, Uwe mit 'Vadder' Erwin, Mutter Anny und Schwester 'Purze...
HBZ · 1/2024
 

Geschichten aus Hamburgs Geschichte

Das Wappentier

Die Alsterschwäne symbolisieren seit Jahrhunderten Hamburgs Unabhängigkeit....
HBZ · 1/2024
 
 
 
 

TOP