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Von der innerdeutschen Grenze zum Hindukusch

60 Jahre Bundespolizei

In diesem Jahr feiert die grösste nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums des Innern ihren 60. Geburtstag.

Hinter diesen sechzig Jahren stehen die beruflichen Schicksale unzähliger Mitarbeiter, die als Polizisten, Verwaltungsbeamte und Tarifangestellte das Bild der Organisation bestimmen und sie zu dem gemacht haben, was die Bundespolizei heute ist: eine moderne Polizeiorganisation, die aus der nationalen und internationalen Sicherheitsarchitektur nicht mehr wegzudenken ist.

Zurück zum Anfang
Als am 16. März 1951 das von Bundespräsident Theodor Heuss unterschriebene erste Bundesgrenzschutzgesetz verkündet wurde, lagen turbulente Monate hinter den Parlamentariern und den Vertretern des Bundesinnenministeriums. Die Sicherheitslage war angespannt und der Eiserne Vorhang an der innerdeutschen Grenze heruntergegangen. Die Konsequenz: Die Bundesrepublik benötigte eine eigenständige, von den Ländern unabhängige Polizeiorganisation zum Schutz ihrer Grenzen. Tausende meldeten sich für die neue Truppe. Bereits zwei Jahre später belief sich ihre Stärke auf 20.000 Mann.

Auf dem Wege zur Bundespolizei
Der Übergang des Bundesgrenzschutzes von einer spezialisierten Grenzpolizei zu einer multifunktionalen Bundespolizei vollzog sich allmählich, aber stetig. Nachdem 4.000 Grenzjäger 1962 bei der grossen Sturmflut in Norddeutschland Hilfe geleistet hatten, zeigte sich der Stellenwert des Bundesgrenzschutzes als Sicherheitsreserve in Notlagen immer deutlicher. In den Folgejahren griffen nahezu alle Sicherheitseinrichtungen der Bundesrepublik bei Katastrophen auf die Hilfe der grössten Bundesexekutive zurück. Den Schlusspunkt setzte das 1972 erlassene Bundesgrenzschutzgesetz. Dieses regelte neben den klassischen Grenzschutzkompetenzen die Aufgaben des Bundesgrenzschutzes auf hoher See, beim Schutz von Bundesorganen und bei der Unterstützung der Bundesländer.

Nachdem die Innenminister von Bund und Ländern in dem 1974 verabschiedeten "Programm für die Innere Sicherheit" die Funktion des Bundesgrenzschutzes als Polizeireserve in Ausnahmesituationen festgeschrieben hatten, war seine Wandlung von einer grenzpolizeilichen Sonderpolizei zu einem breit aufgestellten polizeilichen Dienstleister abgeschlossen. Sein Aufgabenbereich wuchs ständig: Der BGS-Flugdienst entwickelte einen weltweit anerkannten Rettungsdienst, und BGS-Beamte unterstützten das Bundesamt für Verfassungsschutz im Bereich Funktechnik. Auch das Bundeskriminalamt und das Auswärtige Amt griffen zunehmend auf das Personal des Bundesgrenzschutzes zurück. Die Zahl der Unterstützungseinsätze in den Bundesländern nahm ständig zu. Bei der Terroristenfahndung und den grossen Demonstrationen der Siebzigerund Achtzigerjahre waren die Bundespolizisten bundesweit Tag und Nacht im Einsatz.

Weltberühmt wurde der Bundesgrenzschutz durch einen Einsatz besonderer Art: die Geiselbefreiung von Mogadischu durch die Grenzschutzgruppe (GSG 9) am 18. Oktober 1977. Der Deutschlandfunk meldete als Erster die Befreiungsaktion: "Die von Terroristen in einer Lufthansa-Boeing entführten Geiseln sind alle glücklich befreit worden. Ein Spezialkommando des Bundesgrenzschutzes hat um null Uhr die Aktion auf dem Flughafen von Mogadischu gestartet. Nach ersten Informationen sollen drei Terroristen getötet worden sein."

Auch in anderen Bereichen leistete die Organisation Pionierarbeit. Lange vor den Diskussionen um den Auslandseinsatz der Bundeswehr war der Bundesgrenzschutz international tätig. Bereits 1989 leisteten die ersten 50 Bundespolizisten zusammen mit 600 Polizisten aus 21 Staaten Hilfe in Namibia. Damit waren die BGS-Beamten die ersten deutschen Uniformierten, die das blaue Barett der UN im Ausland trugen. In schneller Reihenfolge folgten Einsätze in Kambodscha, der Westsahara und auf dem Balkan.

Zeitenwende
Mit dem Abbau der Binnengrenzkontrollen im Schengenraum, der Teilnahme an internationalen Polizeimissionen und der Wiedervereinigung Deutschlands entstand für den Bundesgrenzschutz eine neue Situation, die ihn seitdem zwar auf eine Stärke von über 40.000 Mann anwachsen liess, ihn aber gleichwohl in einem Prozess ständiger Umorganisation immer wieder auf den Prüfstand stellte. Mit der Wiedervereinigung übernahm der Bundesgrenzschutz zunächst in den neuen, später auch in den alten Bundesländern Aufgaben der Bahnpolizei und der Luftsicherheit. Im Gesetz zur Neuregelung der Vorschriften über den Bundesgrenzschutz von 1994 wurden alle zwischenzeitlich und neu hinzugekommenen Aufgaben des Bundesgrenzschutzes festgeschrieben. Für Spezialaufgaben sind die GSG 9 und der Bundespolizeiflugdienst vorgesehen. Daneben ist die Bundespolizei national in ein dichtes Netz von Sicherheitskooperationen mit den Länderpolizeien eingebunden und hat eine Ordnungspartnerschaft mit der Deutschen Bahn AG eingerichtet. International wirkt sie in gemeinsamen Zentren, in Kontakt- und Überstellungsdienststellen an den Binnengrenzen und in zahlreichen weiteren Projekten mit und unterhält weltweit ein Netz von grenzpolizeilichen Verbindungsbeamten.

Da angesichts der vielfältigen Aufgaben nicht mehr nur von Grenzschützern gesprochen werden konnte, wurde der Bundesgrenzschutz 2005 folgerichtig in Bundespolizei umbenannt. Die jüngste Aufgabenerweiterung erfolgte durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz von 2002, das den Einsatz der Bundespolizei als Flugsicherheitsbegleiter (sogenannte Sky- oder Air-Marshals) ermöglicht, um terroristische Angriffe auf deutsche Flugzeuge abzuwehren.

Die Neuorganisation
Mit der Änderung des Bundespolizeigesetzes und anderer Gesetze2008 erhielt die Bundespolizei eine völlig neue Organisationsform. Von nun an wird sie von einem Bundespolizeipräsidium als Oberbehörde zentral geführt. Unmittelbar dem Präsidium nachgeordnet sind die regionalen Bundespolizeidirektionen, die Bundespolizeidirektion Bereitschaftspolizei und die Bundespolizeiakademie. Hinzu kommen die GSG 9, der Bundespolizeiflugdienst, die evangelische und katholische Seelsorge in der Bundespolizei und drei Bundespolizeiorchester.

Nachgeordnet, aber ausgelagert sind die bundespolizeilichen Anteile des Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrums illegale Migration (GASIM) des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) und der für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eingerichteten Gemeinsamen Zentren.

Die gesetzlichen Aufgaben der Bundespolizei erfüllen neun regionale Bundespolizeidirektionen, deren Zuständigkeitsbereiche sich an den Grenzen der jeweiligen Bundesländer orientieren. Der Direktion Bundesbereitschaftspolizei in Fuldatal bei Kassel unterstehen zehn Bundespolizeiabteilungen. Damit stellt die Bundespolizei rund 25 Prozent des Potenzials der deutschen Bereitschaftspolizeien.

Als zentrale Aus- und Fortbildungsstätte dient die Bundespolizeiakademie in Lübeck Ihr wurden zusätzlich die bisherigen dezentralen Aus- und Fortbildungseinrichtungen der Bundespolizei sowie die Einrichtungen zur Förderung des Spitzensports unterstellt und die Aufgabe als zentrale Einstellungsbehörde zugewiesen.

Ausblick
Veränderungen waren ein ständiger Wegbegleiter der Bundespolizei und werden es auch in Zukunft sein. Eine Neuorientierung ist beispielsweise im Bereich der Luftsicherheit absehbar, da die Bundespolizei wesentliche Sicherheitsaufgaben bei der Kontrolle der Luftfracht übernimmt. Die Bundespolizei hat mit ihrem neuen Namen, der Neuorganisation und den blauen Uniformen ihrer Beamten ein anderes Gesicht bekommen. Bewahrt hat sie die Tugenden, die den Bundesgrenzschutz auszeichneten: unaufdringliche Leistungsbereitschaft seiner Mitarbeiter, Fachkompetenz, Flexibilität in Sonderlagen, Orientierung an den Grundsätzen der Führung durch Auftrag und Pflege eines von Aussenstehenden immer wieder mit Erstaunen registrierten Zusammengehörigkeitsgefühls.

(Autor: Bernd Walter, Präsident eines Grenzschutzpräsidiums a. D., Berlin)

Autor: VHSt

HBZ · 10/2011
 
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