Vernetzt Gutes tun
Die Patriotische Gesellschaft von 1765
Sie sind sicher schon an den schönen Gebäuden an der Trostbrücke vorbeigegangen, in denen die Patriotische Gesellschaft ihren Sitz hat, und haben sich gefragt, was sie macht.
Kurz gesagt: Sie vernetzt Vereine, Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen und engagiert sich, um Hamburg besser zu machen. Dabei gibt die Gesellschaft dem Begriff "patriotisch" seine ursprüngliche Bedeutung zurück und agiert nach dem Motto: "Wer seine Stadt liebt, engagiert sich". Menschenwürde, Integration, Förderung und Erhaltung sind bei der überparteilichen, überkonfessionellen und unabhängigen Gesellschaft Programm.
Eine Gesellschaft voller Geschichte
In einem Mitgliederbuch von 1765 liest man viele Namen, die man von Hamburger Straßen kennt. Reimarus, Kirchhof, Sonnin, Tonnies und Büsch gründeten die Patriotische Gesellschaft 24 Jahre vor der Französischen Revolution mit dem Wunsch nach Gleichheit und mehr Rechten für alle Bürger Hamburgs. Einige bedeutende Gründungen, wie die erste Sparkasse Europas und die Bücherhallen, gehen auf das Konto der Patriotischen Gesellschaft. Heute ist die Patriotische Gesellschaft die älteste zivilgesellschaftliche Organisation im deutschsprachigen Raum und setzt sich immer noch für die gleichen Werte und Ziele ein. Ein Projekt, für das sich die Gesellschaft starkmacht, ist das "Evolutioneum" der naturwissenschaftlichen Museen Hamburgs.
Für jedes Interesse die passende Gruppe
Die Mitglieder entscheiden selbst, welche Schwerpunkte sie bei ihrer ehrenamtlichen Arbeit setzen möchten. Es gibt sieben Arbeitskreise und Projektgruppen, die sich jeden Monat treffen: Denkmalschutz, gutes Leben, interkulturelles Leben, Kinder, Jugend und Bildung, Stadtentwicklung, Salon und Philo-Zirkel. Bei den Treffen werden Projekte vorangetrieben, aber auch neue Ideen besprochen. Hamburgs ehemalige Finanzsenatorin, Dr. Ingrid Nümann-Seidewinkel, Vorstandsvorsitzende der Gesellschaft und ehemalige Hamburger Finanzsenatorin, stellte uns einige der zahlreichen und vielfältigen momentanen Arbeiten vor.
Förderung von Talenten
Insgesamt gibt es fünf Projekte, die das Thema Bildung aufgreifen. Eines davon ist das Diesterweg-Stipendium, das Kinder und deren Familien in sozial schwachen Stadtteilen im Hamburger Osten fördert. "Der Ansatz ist, ein begabtes Kind zu finden, in dessen Familie aber Mängel bestehen - in den meisten Fällen sind es Sprachbarrieren - und die gesamte Familie drei Jahre lang zu begleiten, bis die Kinder in Gymnasium oder Stadtteilschule Fuß gefasst haben", erläutert Nümann-Seidewinkel das Stipendium.
Förderung von Initiativen
"Uns ist es wichtig, die verschiedenen Organisationen und Initiativen, die es in Hamburg gibt, zu vernetzen. Gemeinsame Veranstaltungen durchzuführen und sich gegenseitig zu unterstützen", erklärt Nümann-Seidewinkel den Kern der Arbeit. Die Patriotische Gesellschaft ist Teilhaberin der Obdachlosenzeitung Hinz&Kunz, unterstützt die Sozialküche "Pottkieker" in Hamburg Dulsberg, setzt sich für Inklusion, den I.K.A.R.U.S e. V. (Informations- und Kontaktstelle aktiver Ruhestand) und viele weitere Initiativen ein.
SeitenWechsel - Führungskräfte erleben Leid und Armut
Im Projekt "SeitenWechsel" werden Führungskräfte mit Menschen in extremen Lebenslagen konfrontiert. "Das kann Arbeit in einem Hospiz oder Gefängnis sein oder die Arbeit mit Obdachlosen oder Schwerstbehinderten. Die Arbeit als Praktikant stärkt die soziale Kompetenz der Führungskraft", so Nümann-Seidewinkel. Die Hilfsorganisationen werden auch finanziell unterstützt.
Freie und Abrissstadt Hamburg
Mit dem Arbeitskreis "Denkmalschutz" versucht die Patriotische Gesellschaft, von Verwahrlosung und Abriss gefährdete schützenswerte Bauwerke zu retten und zeichnet alle drei Jahre vorbildlich restaurierte historische Gebäude aus, um die Arbeit zu würdigen. Mit "Perlen polieren" widmet sich ein weiterer Arbeitskreis der Modernisierung und dem Erhalt von Wohnstiften.
Die Initiativen "Mut zur Stadt" und "Altstadt für Alle!" setzen sich dafür ein, dass mehr Wohnraum in der Innenstadt entsteht. "Leider sind die Grundstückspreise hier so hoch, dass die entstehenden Wohnungen eher Zweit- oder Drittwohnungen für wohlhabende Bürger werden, die sich kaum hier aufhalten. Hier müssen wir versuchen, dass auch in der City sozialer Wohnungsbau entsteht. Die Innenstadt ist sonst wie ausgestorben.", schildert Nümann-Seidewinkel die momentane Lage.
Die Bienen und die Patriotische Gesellschaft
Das Emblem der Gesellschaft ziert ein Bienenkorb. So heißt auch die monatliche Zeitung mit News rund um die Arbeiten. "Um 1780 hatten fast alle gemeinnützigen Organisationen einen Bienenkorb im Emblem. Bienen stehen sinnbildlich für uneigennützige Arbeit zum Wohl der Allgemeinheit. Im Zeitgeist der Aufklärung wurde dieses Symbol aufgegriffen", erklärt Nümann-Seidewinkel. Seit acht Jahren hat die Gesellschaft eigene Bienenvölker auf dem Dach und lässt von einem Imker ihren "Patrioten Honig" herstellen. "Unsere Bienen fliegen zum Nektarsammeln bis zum Ende der Außenalster an der Krugkoppelbrücke", merkt Nümann-Seidewinkel stolz an.
Neue Mitglieder und Förderer sind willkommen
"Wenn Sie das Beitrittsformular ausfüllen, werden Sie zu einem Gespräch mit dem Vorstand eingeladen", erläutert Nümann-Seidewinkel das Prozedere. "So bekommen neue Mitglieder gleich Anschluss, lernen Leute kennen. Außerdem können so gleich die Interessen abgefragt werden und die passenden Arbeitskreise vorgestellt werden." Die Mitgliedschaft für Privatpersonen kostet jährlich 75 Euro.
Autor: VHSt
Fotos: Patriotische Gesellschaft von 1765, ELBE&FLUT (c) T. Hampel, N. Carstensen, F. Busch, K. Desmarowitz, C. Augustin
HBZ · 05/2018
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