VHSt - Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
Hamburgischer Verein für den öffentlichen Dienst
 
Aktuelle Ausgabe
Titelfoto: © Titelbild: Innenraum Stilbruch (c) Stadtreinigung Hamburg

Das Mitgliedermagazin

Hamburgische Zeitschrift für den öffentlichen Dienst

 

Mitglied werden

Profitieren Sie von der Mitgliedschaft im VHSt. Einfach ausdrucken und ausgefüllt an uns senden.

 

BESONDERE VERANSTALTUNGEN


 

Top-Themen

139 Jahre zwischen Wachs und Wirklichkeit

Das Hamburger Panoptikum

Das Panoptikum am Spielbudenplatz ist das älteste Wachsfigurenkabinett Deutschlands und bietet auf mehr als 700 m² über 120 Figuren. Zu den Ausstellungsstücken gehören bekannte Persönlichkeiten aus Geschichte, Wissenschaft, Politik, Kultur und Sport, ein kleines Verlies sowie ein medizinisch-historisches Kabinett. Im Panoptikum können Sie der Queen, dem Papst, bekannten Hamburgern wie Hans Albers, Jan Fedder oder auch St.-Pauli-Größen wie Olivia Jones oder Domenica ins Glasauge sehen und erleben eine kleine Gruselszenerie.

Ein Hamburger Urgestein

Seit der Eröffnung am 11. Mai 1879 ist das Panoptikum im Besitz der Familie Faerber. Der Holzbildhauer Friedrich Herman Faerber wurde durch das damals gerade eröffnete Castansche Panoptikum in Berlin inspiriert. Die ersten Wachsfiguren, die in das Kabinett am Spielbudenplatz einzogen, stellten in erster Linie Kaiser und Könige sowie prominente Dichter und Musiker, wie Wagner, Goethe, Shakespeare und Heine dar.

In den Gründungszeiten des Panoptikums gab es in vielen deutschen Großstädten Wachsfigurenkabinette, bis dann in den 1920ern die Film- und Fernseh-Ära begann und alle Kabinette bis auf das Hamburger schließen mussten. In Berlin gibt es nun zwar auch wieder eins, aber das gehört, wie viele andere Wachsfigurenkabinette, zur Madame-Tussaud-Kette. Die unabhängigen kann man weltweit an zehn Fingern abzählen. Mit seinen knapp 200.000 Besuchern im Jahr finanziert sich das Panoptikum durch die Eintrittsgelder und ist damit völlig unabhängig. Auch Haus und Grund sind Eigentum der Familie. Sorgen um den Stadtteil machen sich die Geschäftsführer des Panoptikums trotzdem. Sie haben gerade mit anderen St. Paulianern einen Antrag darauf vorbereitet, dass St. Pauli als immaterielles Weltkulturerbe in die UNESCO-Liste aufgenommen wird.

Die Panoptikum Gebr. Faerber GmbH & Co. KG wird heute von Dr. Hayo Faerber, dem Urenkel des Gründers, und seiner Tochter Susanne Faerber in vierter und fünfter Generation geleitet. Der Arzt Dr. Faerber, übernahm nach dem Tod seiner Frau, die mehr als 20 Jahre das Panoptikum führte, die Leitung des Hauses und seine Tochter Susanne folgte alsbald. "Bisher haben unsere Bildhauer bei mir noch nicht nach anatomischen Einzelheiten für die Figuren nachgefragt", meint Dr. Faerber schmunzelnd.

Wiederaufbau und neues Haus

Ohne die Köpfe, die zum Teil im Zwischengeschoss in einer Vitrine stehen, gibt es derzeit etwa 120 Figuren zu sehen. Das Panoptikum verfügt über kein großes Archiv. Dies bedeutet, dass eine alte, nicht mehr so relevante oder nicht so gelungene Wachsfigur weichen muss, wenn eine neue hinzukommt und alles Re-Arrangieren nicht mehr hilft. Von der alten Figur wird nur der Kopf behalten. Sehr viele alte Archivfiguren gibt es allerdings nicht mehr, da 1943 bei einem Brandbombenangriff während des Zweiten Weltkriegs das Haus und mit ihm ein Großteil der damals über 300 Figuren zerstört wurde. In den 50ern etwas kleiner neu gebaut und wiedereröffnet, stehen nun im Obergeschoss des Panoptikums die alten Figuren, von denen man nicht weiß, ob es Originale oder Nachgüsse aus den Negativformen sind.

Ein seltenes Handwerk

"Unsere Künstler haben Bildhauerei gelernt und es davon abgeleitet", erklärt die Geschäftsführerin. In den meisten Fällen werden die Figuren mithilfe von Bildern angefertigt, aber einige Prominente wie Vitali Klitschko, Otto Wahlkes oder Udo Lindenberg standen persönlich zum Vermessen Modell und haben den Figuren ihre Bühnenkleidung vererbt. Neben einem Berliner Bildhauer sorgen auch ein Bildhauer in England und einer in der Schweiz für neue Figuren. Dabei ist von den Faerbers viel Geduld und sorgfältige Planung gefragt, denn eine neue Figur kostet rund 50.000 Euro und nimmt mindestens ein Jahr in Anspruch. "Auf unsere neue Wachsfigur von Angela Merkel haben wir drei Jahre gewartet", sagt Susanne Faerber. Die alte Merkel-Figur stammte aus 2005 und zeigte Merkel so, wie auf den damaligen Wahlplakaten aussah, samt der damaligen Fotoretusche. "Da sie sich im Laufe ihrer Amtszeit verändert hat und in Hinblick auf die Wichtigkeit der Person, entschieden wir, eine neue Figur anzufertigen zu lassen", erläutert Dr. Faerber die Entscheidung. Außer ihr wurde nur Helmut Schmidt zweimal verewigt.

Panoptikum Wachsfigurenkabinett
Spielbudenplatz 3, 20359 Hamburg
Tel.: (040) 31 03 17,
E-Mail: info@panoptikum.de
www.panoptikum.de
Eintritt: 6,50 Euro, ermäßigt: 6 Euro, Kinder: 4,50 Euro
Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 11 bis 21 Uhr, Sa. 11 bis 24 Uhr und So. 10 bis 21 Uhr


Kontroverse Geschichtszeugen

Neben der neuen Angela-Merkel-Figur, die es seit Mitte August zu bewundern gibt, ist auch Donald Trump noch recht neu dabei. Er ist weniger orangefarben als das Original, aber sonst erstaunlich detailgetreu und zeigt direkt in Eingangsnähe mit seinem Finger auf die Besucher. "Wir haben lange überlegt, ob wir die Trump-Figur ausstellen sollten, da St. Pauli ein politisch sehr aktiver Stadtteil ist und wir befürchteten, Probleme zu bekommen," erklärt Dr. Faerber. Susanne Faerber ergänzt: "Man muss bei der Figurenauswahl seine persönlichen Präferenzen ausblenden und sich überlegen: Wer ist gerade aktuell und wird von allen Besuchern gekannt?" Gab es da nicht noch kontroversere Wachsfiguren? "Ja, wir haben eine Figur von Adolf Hitler und Joseph Goebbels im Obergeschoss hinter einem Fenster, das mit Gaze bespannt ist, platziert, sodass sie nur schemenhaft erkennbar sind. Die Figuren sind 1943 entstanden und durften nicht ausgestellt werden, was dazu führte, dass sie ironischerweise die Brandbomben unbeschadet überstanden haben. Davor haben wir die Geschwister Scholl positioniert, die ihr letztes Flugblatt verteilen, wegen dem sie in München verhaftet worden sind", so Susanne Faerber. "Wir lassen es immer nachdrucken, sodass unsere Besucher das Flugblatt mitnehmen und sich damit in Ruhe auseinandersetzen können."

Dieser Bildungsgedanke wird auch beim Rest der Ausstellung verfolgt. Mit Audioguides gibt es Infos über die einzelnen Ausstellungsstücke und deren realen oder fiktiven Vorbilder. Ein Rundgang durch das Panoptikum dauert etwa eine Stunde und ist nicht barrierefrei.

Autor: VHSt
Fotos: Panoptikum Gebr. Faerber GmbH & Co. KG, Samira Aikas

HBZ · 10/2018
 
Weitere Meldungen:

Aufgeblättert: Buchtipp

Pfeffersäcke mit Nilpferdpeitsche

"Pfeffersäcke" - so nannte der Volksmund die durch Gewürzhandel wohlhabend gewordenen Kaufleute der norddeutschen Hanse spöttisch....
HBZ · 3/2024
 

Geschichten aus Hamburgs Geschichte

Das Chilehaus

Ikone des Backsteinimpressionismus: Das Chilehaus wurde vor 100 Jahren fertiggestellt...
HBZ · 3/2024
 

Nachwuchsnetzwerk zu Besuch

Neujahrsfeier YouNet

Auch in diesem Jahr fand die Neujahrsfeier des Nachwuchskräftenetzwerks YouNet in den Räumlichkeiten des Vereins Hamburger Staatsbeamten r. V. statt....
HBZ · 3/2024
 

Erfolgreichster Bildungsminister Deutschlands tritt ab

Schulsenator a. D. Ties Rabe

Es ist mehr als ungewöhnlich, dass ein scheidender Bildungsminister mit Lob überhäuft wird....
HBZ · 3/2024
 

Ihr Recht in der Praxis

Schlechte Bewertung - was tun?

Heute möchte ich Ihnen eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema "Beurteilung" vorstellen (Urteil des 2. Senats vom 12. Oktober 2023, Aktenzeichen 2 A 7.22) - ...
HBZ · 3/2024
 

Das Netzwerk des Führungsnachwuchses

Die Ratten-AG

Sie nennen sich selbst "Ratten". Es zeugt von Selbstbewusstsein und Humor, sich nach Tieren zu benennen, die viele eher als Schädlinge betrachten würden. Dabei gelten die Nager zugleich ...
HBZ · 3/2024
 
 
 
 

TOP