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Ein Kinderbuch - auch für Erwachsene

In Camp Green Lake ist man nicht "bei den Pfadfinderinnen", teilt "Mr. Sir" - so wünscht er angesprochen zu zu werden - dem jugendlichen Neuankömmling mit.

Und wirklich, Mr. Sir's Sheriff -Lässigkeit: Füsse auf dem Schreibtisch, Cowboyhut und Sonnenbrille, spuckbereites Mundwerk nach konstantem Kauen von Sonnenblumenkernen lässt schon bei erster Begegnung weder Leser noch "Schutzbefohlene" im Zweifel, dass mit den "Erziehungsberechtigten" dieses Camps nicht gut Kirschen essen sein wird.

Louis Sachar, geb. 1954, amerikanischer Jurist und Kinderbuch-Autor, veröffentlichte 1998 das seither vielfach ausgezeichnete Buch Löcher. Die Geheimnisse von Green Lake, deutsch, im Verlag Beltz und Gelberg 1999/ 2002, Taschenbuch, 296 Seiten, 7,90 Euro, ISBN 3-407-78568-2. (Gut lesbare Schrift.).

In diesem Roman schildert er ein Jugendstraflager, gelegen in einem texanischen, ehemals paradiesischen Seengebiet, das aber seit 100 Jahren mit plötzlich einsetzender Trockenheit allenfalls von Skorpionen, Klapperschlangen und einer lebensgefährlich bissigen Eidechsenart belebt ist.

In den ausgedörrten Sandboden müssen jugendliche Straftäter gruppenweise täglich 12 Stunden bei Hitzetemperaturen von 35 Grad zur "Charakterertüchtigung" tiefe Löcher graben.

Dass die Betreiber dieses Camps noch andere Zwecke verfolgen, wird den Jugendlichen spätestens dann völlig klar, als einer von ihnen, Stanley Yelnats, eine goldene oder goldfarbene Lippenstifthülse mit den Initialen "K.B." findet. Derartiges ist für den "Boss", von hohem Interesse und sofort abzugeben. Der Boss ist eine weibliche "Klapperschlange", die mit ihren scharfen, mit giftigem Nagellack bestrichenen Fingernägeln sogar ihre männlichen Untergebenen in Schach hält, Der Finder allerdings erhält von ihr Arbeitserlass und Wasserzulage, während für die anderen nun hektische Grabungstätigkeit nahe dem Fundloch einsetzt.

Dabei unterliegt der "Boss" einem Irrtum: Sie richtet ihre Aufmerksamkeit auf das falsche Loch. Stanley, der o.e. Neuankömmling, hatte nämlich seinerseits zunächst den Fund bei "X-Ray", dem Chef der Jungengruppe abzugeben, wodurch dieser dann die gewährten Vorteile in Anspruch nehmen kann. Dabei muss allerdings vorgetäuscht werden, dass die Goldhülse an seinem (unergiebigen) Grabungsort gefunden wurde.

Die daraus resultierende erfolglose Buddelei verbessert weder bei der Camp-Leitung noch bei den strapazierten Jugendlichen die Stimmung, insbesondere, als X-Ray ein Abkommen zwischen Stanley und einem Jungen, genannt "Zero" entdeckt: Stanley bringt "Zero",der allgemein als "Null" gilt, auf dessen dringenden Wunsch Lesen und Schreiben bei, während Zero für ihn einen Teil der Pflichtgrabung übernimmt. Das Eingreifen eines erwachsenen sog. Betreuers in die entstandene Prügelei lässt diesen zu Boden gehen, weil Zero ihm das Spatenblatt ins Gesicht haut. Höhnisch wird Zero freigestellt, das Lager zu verlassen, Strafe genug, denn - entweder kommt er mit allen Konsequenzen zurück oder wird verdursten.

Im Folgenden zeigt der Autor, wie Durchhaltewillen und Treueübung auch das Vermögen dazu stärkt: Der Wunsch, Zero zu retten, führt Stanley zum Handeln - ein neuer Zug seines Charakters, der vom Fatalismus seiner unterprivilegierten ( wenn auch eigentlich heilen) Familie geprägt ist. Der Leser war darüber zu Beginn informiert:

Finanziell erfolglos schon seit seinem Ururgrossvater, diesem "Tunichtgut und (vermeintlichen) Schweinedieb", der mit einem aus Vergesslichkeit gebrochenen Versprechen den Fluch einer alten Frau über sich und alle seine Nachkommen gebracht hatte, fehlten der Familie Energie und Mittel, die unrechtmässige Verurteilung Stanleys wegen angeblich geklauter, einem regionalen Sportsidol gehöriger Turnschuhe juristisch zu verhindern, zumal sich sein Vater derzeit wieder einmal mit einer seiner nie funktionierenden Erfindungen beschäftigte: dem Recyclen von Turnschuhen - ausgerechnet! Somit war die Sache für die Behörden klar, und Stanley kam ins Camp, das die Familie für eine Art Erholungsort hielt.

Um Zero zu retten, bekämpft Stanley Angst und Zweifel am glücklichen Ausgang. Nach langem Irregehen findet er den entkräfteten Zero unter einer umgestürzten Bootsruine. Dort hatte dieser sich mit dem uralten, aber noch brauchbaren Inhalt von Pfirsichgläsern am Leben gehalten. Es gab einmal Pfirsichbäume in dieser einst seeumringenden, Landschaft mit einer hübschen, kleinen Stadt. Eine hübsche, tüchtige Lehrerin, Katherine Barlowe, konnte die Pfirsiche wunderbar einmachen. Sie verliebte sich in einen farbigen Zwiebelhändler, der im Gegensatz zu ihren tölpelhaften weissen Verehrern charmant und intelligent war. Das führte auf der Flucht beider vor den wütenden Weissen in einem Boot zum Tode ihres Geliebten. Der Hass auf die Weissen machte aus Katherine Barlowe eine gefürchtete Banditen- Führerin. Sie beraubte auch Yelnats Urgrossvater. Schicksalhaft: schon dieser konnte wegen des Fluchs, der auf seinem Vater, " diesem Tunichtgut usw." lastete, somit nur kurzfristig seinen Reichtum halten.

Stanley jedoch, bei der Übernahme grosser Strapazen Zeros wegen, erfährt mit diesem zusammen zunehmend Wohltaten dieser legendären Persönlichkeiten: Neben K. Barlowes Uralt-Pfirsichen halten in der erreichten Berggegend aufgefundene Zwiebelkolonien ihres farbigen Liebhabers beide Jungen am Leben. So vermögen sie, heimlich ins Lager zurückzukehren, um den Schatz, zu heben, den Stanley in "seinem" Grabungsort vermutet, weil die gefundene goldene Hülse ja darauf hinwies. Irgendwo musste Kate Barlowe ( "K.B.", s.o.) ja ihre Raubgüter versteckt haben. Der "Boss" ist eine von den Nachfahren der Zeitgenossen K.B's und wie diese hinter dem Schatz her. Dafür beutet sie die Arbeitskraft der Camp-Jungen aus. Pech für sie: Gerade als sie die Jungen beim Auffinden des Schatzkoffers erwischt - wobei die lebensgefährlichen Eidechsen noch eine spannende Rolle spielen - kommen Behördenvertreter. Man hat Stanley rehabilitiert, sucht den verschwundenen Jungen und deckt die Zustände im Lager auf. Auch der gefundene Schatz stellt sich als Stanley gehörend heraus. Ende gut, alles gut - und als er auch noch Zeros Entlassung bewirkt, endet alles noch glücklicher - und warum ? Willensstärke, Mitgefühl und Treue haben den Familienfluch gelöst : Zero ist ein Nachfahre der alten Frau, von der Stanleys Ururgrossvater aus Enttäuschung verflucht wurde. Selbstbehauptung in Gefahr, Abenteuer- und Märchenelemente und eine nüchterne Sprache - das Buch hat bei Kindern und Jugendlichen grossen Erfolg und empfiehlt sich als Weihnachtsgeschenk.

Autor: VHSt

HBZ · 12/2013
 
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