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Auszug aus dem Rechnungshof-Jahresbericht 2014

In Sachen Beihilfe:

Beihilfebearbeitung im Zentrum für Personaldienste Personalamt.

  • Steigende Antragszahlen, eine unzureichende Personalausstattung und ein zu komplexes Beihilferecht führen seit Jahren zu Rückständen im Fachbereich Beihilfe.
  • Bei der Leistung von Überstunden zur Abarbeitung der Rückstände wurde mehrfach gegen gesetzliche und tarifvertragliche Vorschriften verstossen. Das Zentrum für Personaldienste hat dabei zugelassen, dass Langzeiterkrankte unmittelbar nach Rückkehr in den Dienst wieder Überstunden geleistet haben.
  • Die Qualität der Antragsbearbeitung weist Mängel auf, die die Beihilfeausgaben erhöhen können.
  • Das Beihilferecht muss vereinfacht werden.

Aktive Bedienstete und Versorgungsempfänger der Freien und Hansestadt Hamburg sowie deren berücksichtigungsfähige Angehörige haben insbesondere zu Aufwendungen in Krankheits- und Pflegefällen Anspruch auf Beihilfen nach § 80 Hamburgisches Beamtengesetz (HmbBG) in Verbindung mit der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen (HmbBeihVO). Das Zentrum für Personaldienste (ZPD) ist zuständig für die Festsetzung und Auszahlung der Beihilfen. Das ZPD ist ein Landesbetrieb nach § 26 LHO, der vom Personalamt beaufsichtigt wird. Jährlich werden rund 300.000 Beihilfeanträge gestellt. Der Fachbereich Beihilfe war 2012 mit Personal im Umfang von 53 Vollzeitäquivalenten für die Beihilfesachbearbeitung ausgestattet.

Durchschnittliche Bearbeitungszeit in Tagen

Die Vorgabe für die Bearbeitungsdauer eines Beihilfeantrags beträgt zehn Arbeitstage. Die durchschnittlichen Bearbeitungstage haben sich seit 2002 wie in der Grafik unten entwickelt.

Die Vorgabe ist in den Jahren 2008 bis 2011 knapp erreicht, in den übrigen überschritten worden. 2013 verschlechterte sich die Situation zunehmend.

Bei einem täglichen Bearbeitungsvolumen von ca. 1.100 Anträgen lagen Anfang 2011 rund 11.000 unbearbeitete Anträge vor. Im August 2013 stieg die Zahl auf über 25.000.

Als Ursachen für die Rückstände werden neben der steigenden Antragsmenge beispielsweise

  • ein erhöhtes Beschwerdeaufkommen aufgrund von steigenden Bearbeitungszeiten in der Beihilfebearbeitung
  • vermehrte Nachberechnungen wegen Mängel in der Antragsbearbeitung,
  • die erhöhte Fehlzeitenquote im Fachbereich Beihilfe,
  • die hohe Fluktuation des Personals in der Beihilfebearbeitung und
  • zeitliche Belastungen durch Neuorganisationen und Projekte

vom ZPD genannt.

Überstunden und Mehrarbeit

Zur Bewältigung der Rückstände und zum Erreichen der vorgegebenen Bearbeitungsdauer sind vom ZPD mindestens seit 1999 Über- bzw. Mehrarbeitsstunden geleistet worden. Diese sind nicht im Sinne der tarif- und beamtenrechtlichen Vorschriften angeordnet, sondern auf freiwilliger Basis erbracht worden.

Der Rechnungshof hat festgestellt, dass dabei die zulässige Höchstarbeitszeit (ArbZG) bzw. der Arbeitszeitverordnung (ArbzVO) in Verbindung mit dem HmbBG in den Jahren 2005 bis 2012 mehrfach überschritten wurde.

Bei 15 Mitarbeitern ist die Höchstarbeitszeit in 37 Fällen teilweise deutlich überschritten worden. In 19 der 37 Fälle hat eine Überschreitung der jährlichen Höchstarbeitszeit von mehr als 200 Stunden vorgelegen. Einer der Mitarbeiter hat in zwei Jahren jeweils mehr als 1.000 Überstunden geleistet, das entspricht mindestens 125 zusätzlichen Arbeitstagen.

Verstösse gegen die zulässige Höchstarbeitszeit sind gemäss § 22 Absatz 1 Nr. 1 ArbZG ordnungswidrig. Der Rechnungshof hat deshalb das Personalamt in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde des ZPD und oberste Dienstbehörde umgehend über seine Feststellungen in Kenntnis gesetzt.

Der Rechnungshof hat die Überschreitung der Höchstarbeitszeit beanstandet. Alle über die Höchstarbeitszeit hinausgehenden Überstunden hätten nicht geleistet werden dürfen. Sowohl die Führungskräfte im ZPD als auch die abrechnende Personalstelle hätten diese Verstösse bemerken und weitere Verstösse verhindern müssen.

Langzeiterkrankte

Von den 85 Mitarbeitern, die im Betrachtungszeitraum von 2005 bis einschliesslich 2012 Überstunden geleistet haben, waren 17 (20 %) innerhalb von zwölf Monaten mehr als 42 Kalendertage erkrankt. Sie waren damit Langzeiterkrankte im Sinne des § 84 Absatz 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX). Acht dieser Mitarbeiter sind in mehreren Jahren langzeiterkrankt gewesen.

In einem Fall hat ein Mitarbeiter in jedem der acht Jahre Überstunden im dreistelligen Bereich geleistet. Dabei wurde in mehreren Jahren gegen die Höchstarbeitszeitgrenzen nach dem ArbZG verstossen. Diese Person ist in sechs der acht Jahre langzeiterkrankt gewesen. Sie hat beispielsweise in einem Jahr 604 Überstunden geleistet, während sie im gleichen Jahr an 111 Tagen erkrankt war.

Ein Zusammenhang zwischen der Leistung von Überstunden einerseits und den zum Teil mehrmonatigen Erkrankungen im Kalenderjahr andererseits drängt sich auf. Es liegen Verstösse gegen die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und Dienstherrn vor, wenn ein Mitarbeiter trotz bestehender Langzeiterkrankung wiederholt zur Leistung von Überstunden herangezogen wird, selbst wenn dies auf "freiwilliger Basis" geschieht.

Der Rechnungshof hat gegenüber dem ZPD die Missachtung der Fürsorgepflicht beanstandet.

Bearbeitungsqualität

Der Rechnungshof hat 529 Beihilfefälle auf die Bearbeitungsqualität hin überprüft und in rund 1/3 der geprüften Fälle Qualitätsmängel festgestellt und beanstandet.

Angaben in den Beihilfeanträgen sind nicht geprüft oder im Bearbeitungsprogramm nicht dokumentiert worden, womit die grundsätzliche Prüfung der Beihilfeberechtigung bzw. der Höhe des Bemessungssatzes unterblieben ist. Des Weiteren ist die bei den Beamten in Abzug zu bringende Kostendämpfungspauschale häufig falsch berechnet worden. Eine hohe Bearbeitungsqualität, die sich das ZPD u. a. als strategisches Unternehmensziel gesetzt hat, ist damit nicht gewährleistet. Nachteile für den Haushalt der Freien und Hansestadt Hamburg werden in Kauf genommen.

Einer der Gründe für die Fehlerhäufigkeit liegt in der in der Freien und Hansestadt Hamburg sehr ausdifferenzierten Beihilferegelung, die mehr Einzelprüfungen erfordert als in vielen anderen Bundesländern.

Die Einzelfallgerechtigkeit der Leistungen steht regelmässig in einem Spannungsverhältnis zur Vereinfachung der Bearbeitung. Die komplexe Berechnung der Eigenbeteiligung an den Kosten für Arznei- und Verbandsmittel oder die über 10 Stufen differenzierte Kostendämpfungspauschale zeigen beispielhaft, dass in der Freien und Hansestadt Hamburg - im Gegensatz zu anderen Bundesländern - oft die Einzelfallgerechtigkeit statt der Bearbeitungsvereinfachung im Vordergrund steht.

Personalbedarf

Die seit Jahren bestehenden Rückstände haben zu einer Abwärtsspirale geführt: Bei der Bearbeitung kommt es zu Qualitätsmängeln, die zu Korrekturanträgen und damit zu weiter steigenden Antragszahlen und steigenden Rückständen führen. Es spricht viel dafür, dass der deshalb weiter zunehmende Arbeitsdruck mit regelmässigen Überstunden einschliesslich der Überschreitung der Höchstarbeitszeitgrenzen die erhöhte Krankheitsquote und auch die hohe Fluktuationsquote gefördert hat, wodurch wiederum weitere Rückstände ausgelöst wurden. Die dargestellten Feststellungen belegen, dass der Fachbereich Beihilfe unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen personell nicht hinreichend ausgestattet ist.

Das ZPD hat in seinen Wirtschaftsplänen seit Jahren dargestellt, dass durch Einsparungen Aufgaben nicht mehr in ausreichender Qualität wahrgenommen werden können. Diese Wirtschaftspläne sind vom Verwaltungsrat des ZPD gebilligt worden, der sich diese Einschätzung damit zu Eigen gemacht hat. Gleichwohl hat der Verwaltungsrat den Konflikt nicht gelöst und ist insofern seiner Steuerungs- und Aufsichtsfunktion nicht gerecht geworden.

Der Rechnungshof hat das Personalamt aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass der Fachbereich Beihilfe personell so ausgestattet wird, dass er seine Aufgaben ordnungsgemäss erfüllen kann. Zur Festlegung der erforderlichen Personalausstattung hat der Rechnungshof das ZPD aufgefordert, eine realistische Personalbedarfsermittlung durchzuführen. Der Rechnungshof hat überdies gefordert, noch im laufenden Jahr 2013 die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass auf die Anordnung von Überstunden als dauerhaftes Instrument verzichtet werden kann. Der Rechnungshof hat angeregt, Rechtsvereinfachungen zur Reduzierung des Verwaltungsaufwands vorzunehmen.

Stellungnahme der Verwaltung

Das Personalamt und das ZPD haben die Forderungen des Rechnungshofs anerkannt und deren Umsetzung zugesagt.

Autor: VHSt

HBZ · 04/2014
 
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