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Das Wappentier

Mein lieber Schwan!
Mein lieber Schwan!

Die Alsterschwäne symbolisieren seit Jahrhunderten Hamburgs Unabhängigkeit.

In der Neujahrsnacht 1918/1919 war vielen Hamburgern nichts mehr heilig. Der grassierende Hunger nach dem Ende des Ersten Weltkriegs ließ nicht nur die Kriminalitätsrate in der Hansestadt sprunghaft ansteigen - auch den jahrhundertelang gehegten und gepflegten Alsterschwänen ging es nun an die Hälse. Der kriegsbedingt ohnehin dezimierte Schwanenbestand sei noch um "eine Anzahl stattlicher Vögel" gelichtet worden, "die zum Neujahrsfest zäh, ledern und tranig in irgendeiner Bratröhre zu schmoren hatten", berichtet der Kriminalist Helmut Ebeling in seiner Schwarzen Chronik einer Weltstadt.

Zeichen selbstbewusster Unabhängigkeit

Ein Blick in die alte Zeit erhellt die Frevelhaftigkeit dieses Tuns. Schon vor knapp tausend Jahren, als Hamburg noch den über Stormarn herrschenden Schauenburger Grafen gehörte, zierte ein Schwan deren Wappen. Bald prangte der sagenumwobene und in der Antike als heilig verehrte Vogel auch auf dem dänischen Wappen und an zahlreichen Bauernhäusern in Norddeutschland.

Nach dem Aufstauen der Alster im Herzen Hamburgs wuchs der Bestand der bis zu 20 Kilogramm schweren Höckerschwäne merklich. Zwar avancierte Hamburg erst 1618 zur Freien Reichsstadt, war aber schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts weitgehend selbstständig. Als Zeichen dieser Unabhängigkeit nahm der selbstbewusste Senat die Haltung von Schwänen für sich in Anspruch. Dabei handelte es sich um ein Privileg, das eigentlich nur den herrschenden Grafen, Herzögen und Königen vorbehalten war.

Ein als "Mandat" bezeichnetes Schriftstück vom 12. Juni 1664 gilt als Beleg für die hinter der Schwanenhege stehende Haltung. Die Verordnung bestimmte, "1) daß niemand die Schwäne auf der Alster beleidigen soll, und 2) nur die Bürger auf derselben fischen und diese die Schranken der Freyheit nicht übertreten sollen". Fortan war es demnach verboten, die Tiere zu "beleidigen", zu verletzen oder gar zu töten. Wer dagegen verstieß, musste drei Taler Strafe zahlen oder ersatzweise drei Tage ins Gefängnis. Das Mandat wurde später mehrmals bestätigt und gilt als erste Rechtsverordnung zum Tierschutz in Hamburg.


Auch ein Thema für Kinderbücher: die Alsterschwäne

Bedrohung durch Vogelgrippe und Sportler

Noch heute sind die Schwäne den Hamburgern lieb und teuer. Das belegt der avisierte Neubau des Schwanenhauses am Eppendorfer Mühlenteich, wo die stolzen Tiere alljährlich ihr Winterquartier nehmen. Der Bund fördert das 3,4 Millionen Euro teure Projekt mit 1,3 Millionen. Michael Werner-Boelz, Leiter des zuständigen Bezirksamts Nord, begründete die Notwendigkeit der Maßnahmen wie folgt: "Wegen der Vogelgrippe mussten wir in den vergangenen Jahren immer wieder Zelte aufbauen, um die Schwäne vor einer Infektion zu schützen. Das ist nicht nur aufwendig, sondern auch kostspielig." Die bestehende Infrastruktur reiche schon lange nicht mehr aus.

Normalerweise leben auf Hamburgs Gewässern rund 120 der Wasservögel mit dem langen Hals. Doch die letzte Welle der Vogelgrippe reduzierte den Bestand am Ende des Winters 2022/23 auf 65 Exemplare. Im Mai waren es wieder 80 - dank einiger zugeflogener Tiere. Nicht nur immer wiederkehrende Epidemien setzen den sensiblen Vögeln zu, sondern auch rücksichtslose Freizeit- und Wassersportler, die die Tiere im Frühjahr beim Brüten und im Sommer bei der Aufzucht der Küken stören. Seitdem das Stand-up-Paddling in Mode gekommen ist, ist es für Schwanenfamilien immer schwerer geworden, geeignete Brutplätze zu finden.

Mehr als vier Jahrhunderte Schwanenhege

Die besondere Zuwendung zu den majestätischen Vögeln, die symbolisch für die Freiheit und Unabhängigkeit Hamburgs stehen, ist seit 1591/92 belegt. Laut einer Mühlenabrechnung verfütterten die Stadtoberen schon damals Hafer und Gerste an Schwäne. Seit 1674 ist eine Aufsichtsperson für die Tiere zuständig. Zuerst war es der Mühlherr, seit 1818 kümmert sich ein von der Stadt besoldeter Schwanenvater um die auf der Alster und deren Nebengewässern lebenden Vögel.

Alsterschwäne - seit jeher ein beliebtes Ansichtskartenmotiv, Foto: (c) Archiv stahlpress
Alsterschwäne - seit jeher ein beliebtes Ansichtskartenmotiv, Foto: (c) Archiv stahlpress

Der aktuell amtierende Revierjagdmeister Olaf Nieß hat die älteste Planstelle der Stadt Hamburg in zweiter Generation inne. Er wacht über Hamburgs rund 6.000 Hektar große Wasserfläche (bei einer Gesamtfläche der Freien und Hansestadt Hamburgs von rund 75.500 Hektar). Zu seinen Aufgaben gehört nicht nur das Retten der Tiere aus Notfallsituationen, sondern auch die Hege, das Durchführen von Tierschutzmaßnahmen, die Beratung der Hamburger Dienststellen und privater Wasserwild- und Teichbesitzer sowie die Gewässerüberwachung.

Übrigens: Auch beim traditionellen Matthiae-Mahl des Senats, dem historisch belegt seit 1356 gepflegten ältesten Festbankett der Welt, spielt der Schwan eine Rolle. Wurde jedem hochherrschaftlichen Gast anfangs noch eine Pastete aus dem Brustfleisch junger Schwäne kredenzt, so ist dieser Gang längst von der Speisekarte gestrichen worden. Doch noch heute ziert ein vergoldeter Schwan die Kannen, in denen der Wein gereicht wird.

Autor: Volker Stahl
Fotos: (c) Ansichtskarten Archiv stahlpress

HBZ · 01/2024
 
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