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Out of Office: Ausstellung im Museum der Arbeit bis 19. Mai 2019

Wenn Roboter und KI für uns arbeiten


Den ersten Roboter sah ich etwa 1953 in Westerland/Sylt, damals eine Art Sammelbecken für noch zaghafte Experimentierer im Wiederaufbau: Schauspieler mit Theaterprogrammen, Verkünder neuer Philosophien, Organisatoren von Miss-Germany-Wahlen und Selbstdarsteller in flachen amerikanischen Straßenkreuzern.

Der Apparat war in einer Art Hinterhof aufgestellt. Aus der Perspektive einer Schulanfängerin hatte das Ding etwa die Größe eines gewichtigen Kleiderschrankes. Er schien aus Metallquadern aufgebaut, mit Armen und Beinen, die er schwerfällig ein paar kleine Schritte weit bewegen konnte, wobei er rasselte. Irgendwie gab er durch Gitterstäbe in Mundhöhe Geräusche von sich, rollte rhythmisch flammende Augenlichter und verfiel dann wieder in Starre. So weit meine Erinnerung. Als eine von vielen Attraktionen wurde er schnell vergessen.

Zehn Jahre weiter fand ich Roboter in Science-Fiction-Romanen, die mit der Angst spielten, diese Kreaturen verantwortungsbewusster oder skrupelloser Wissenschaftler könnten sich selbstständig machen zum Schaden des Menschen. Dann geriet der Bereich Science oder Fiction aus meinem Blickfeld und tauchte nachdrücklich erst zu Beginn der 90er Jahre auf, wo Behördenmitglieder nachdrücklich und mit Begeisterung in Kursen zum Gebrauch von PCs instruiert wurden. Kritische Fragen, besonders von Frauen, ob solch eine Einrichtung nicht irgendwann zur Arbeitslosigkeit in einigen Berufen führen könnte, wurden als Scherz abgeschmettert.

Innerhalb der folgenden 30 Jahre hat sich diese Technik in all ihren Varianten, wie Sie wissen, durch eine Forschung, die nicht unbedingt alle Mitglieder unserer Gesellschaft interessiert(e) und die daher vielen verborgen war, ungeheuer erweitert. Wir befinden uns im sog. digitalen Zeitalter, ein Begriff, fix formuliert von Interessengruppen und schnell übernommen, wie es scheint, von den jungen Generationen.

Besonders faszinierend ist die Frage nach der Verwendung und Weiterentwicklung von künstlicher Intelligenz (KI). Welche Erscheinungsformen hat sie? Wie und wem und wann kann sie nützen? Welche Gefahren sind von ihr zu erwarten, wenn ihre Fähigkeiten sogar die des Menschen überrunden? In vielen Arbeitsgebieten und sogar im künstlerischen Bereich. Was fangen Menschen mit der neu "gewonnenen" Freizeit an? Entwickelt jeder "Kreativität"? Was genau ist das und wie kommt sie zustande? All diesen Fragen versucht die Ausstellung im Museum der Arbeit, konzipiert zusammen mit dem Bucerius Lab der Zeit-Stiftung in Hamburg, nachzuspüren. Besonders beunruhigend ist die Frage, wie sich die Arbeitswelt verändert, wenn Maschinen und Roboter Arbeit viel schneller und qualitätvoller erledigen als Menschen.

Was ist Arbeit?

Im Eingang zur Ausstellung zeigen Kopien von Gemälden aus dem 19. und 20. Jahrhundert Darstellungen von Männer- und Frauenarbeit: Die abgearbeiteten "Büglerinnen" von Degas (1884/86), die ihre "Contenance" aus Müdigkeit verloren haben, Millets "Ährenleserinnen" (1857), würdige Gestalten auf sonnendurchglühtem Stoppelfeld, bei denen Millet offensichtlich nicht gerade ihre Rückenschmerzen im Auge hatte, eher die Gottergebenheit in ihr Tun, den dramatischen Prozess der Arbeit in einem Eisenwalzwerk (Menzel 1872/75), die "Bauarbeiter" (1951). Fernand Léger hat Männer in Baugerüste eingearbeitet, insgesamt zu einem attraktiven Design - und fragwürdig. Weitere Themen in Gemälden und Fotos aus der moderneren ländlichen (europäischen) und städtischen Arbeitswelt von Küche bis Labor drängen nachdrücklich die Frage auf: Sollen diese Anstrengungen durch Roboter ersetzt werden? Was könnte nur sehr schwer, was auf keinen Fall ersetzt werden? Auf Videodarstellungen führt eine Schauspielerin durch verschiedene Berufe. Ergebnis: Am schwersten ersetzbar sind die Berufe der Erzieherin und der Pflegerin. Aus dem letzteren Bereich werden allerdings eine künstliche Katze, die schnurrt und miaut und streichelempfindlich ist, sowie ein junger Seehund gezeigt. Beide "Tiere" sollen bei liebebedürftigen Senioren eingesetzt werden. (Auf die perversen Varianten eines künstlichen Babys, gelegentlich auf Bestellung zu erwerben, sowie variierbare Frauen, die heimkehrenden Männern nur Angenehmes sagen und antworten [10.000 bis 15.000 USD] hat man in der Ausstellung verzichtet.)

Sie werden in 11 "Stationen" Videos und Filme sehen (Sitzmöglichkeiten!) und vor allem diskutieren können. Kommentare können Sie den zahlreichen an einer großen Pinnwand hinzufügen: positive auf hellem, negative auf grauem Papier.

Die Frage ist: Wie können wir denn noch etwas übersehbar zu unseren Gunsten befördern oder aufhalten? "Läuft" nicht schon alles, auch in den beliebten sog. "Sachzwängen"?

Empfehlenswert ist der Katalog (19,80 Euro). Darin auch Kapitel 6 über Roboter seit der Antike. Auch zu empfehlen: Joseph Weizenbaum (1923-2008), angesehener deutsch-amerikanischer Informatiker, der zum Kritiker gedankenloser Computertätigkeit wurde. Zitat: "Die Gefahr der KI liegt nicht darin, dass Maschinen mehr und mehr wie Menschen denken, sondern dass Menschen mehr und mehr wie Maschinen denken."

Museum der Arbeit
Wiesendamm 3
Telefon: (040) 428 13 30
www.shmh.de/de/museum-der-arbeit

Öffnungszeiten:
Montag: 10 bis 21 Uhr
Mittwoch bis Freitag: 10 bis 17 Uhr
Wochenende und Feiertag: 10 bis 18 Uhr

Eintrittspreise:
8,50 Euro, ermäßigt 5 Euro


Autor: VHSt
Fotos: Historische Museen Hamburg - Museum der Arbeit/Daniel Nide

HBZ · 05/2019
 
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