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Digitale Hilfsmittel in der Beihilfe

Rechtsanwalt Martin Richter, Foto:  (c) Kanzlei von Harten Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Martin Richter, Foto: (c) Kanzlei von Harten Rechtsanwälte
Sehr geehrte Mitglieder und Interessierte, heute möchte ich Ihnen von einem Verfahren etwas anderen Inhalts als bisher berichten. Es handelt sich um eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg (Urteil vom 11. April 2024, Aktenzeichen 14 K 5208/21), bei der es um die Übernahme von Kosten für eine sogenannte digitale Gesundheitsanwendung ging.

Gegenstand dieses Verfahrens war ein Programm namens "somnio", welches auf dem Smartphone installiert wird. Das Programm zielt auf eine Behandlung von Ein- und Durchschlafstörungen ab. Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ließ das Verwaltungsgericht die Berufung gegen das Urteil ausdrücklich zu. Das Urteil ist aber mittlerweile rechtskräftig, weil die Freie und Hansestadt Hamburg die zwischenzeitlich eingereichte Berufung zurücknahm.

Beihilfe zunächst abgelehnt


Der Kläger - ein Beamter - hatte das Programm ärztlich verschrieben bekommen. Die private Krankenversicherung übernahm ihren Kostenanteil in Höhe von 30 Prozent. Zusätzlich beantragte der Beamte die Kostenübernahme durch die Beihilfe, welche jedoch abgelehnt wurde. Auch der Widerspruch blieb erfolglos. Hintergrund der Ablehnung war eine bis zu diesem Zeitpunkt geltende Auffassung der Freien und Hansestadt Hamburg, dass grundsätzlich keine Beihilfefähigkeit für ein Programm wie somnio bestehen würde, weil es vermeintlich keine Rechtsgrundlage gebe und das Programm nur der allgemeinen Lebenshaltung zurechenbar sei.

Wichtiger als die Art des Hilfsmittels ist, dass es zur Behandlung notwendig ist


Eine Rechtsgrundlage ist allerdings unbedingt notwendig, da ohne eine gesetzliche Ermächtigung keine Beihilfezahlung erfolgen darf. In der Hamburgischen Beihilfeverordnung (HmbBeihVO) finden sich zurzeit verschiedene Rechtsgrundlagen. Das Programm somnio ließe sich in deren Rahmen denkbar als Arzneimittel im Sinne des § 8 HmbBeihVO, als Hilfsmittel im Sinne des § 11 HmbBeihVO oder aber (dies war die Auffassung der Freien und Hansestadt Hamburg) als Teil der allgemeinen Lebenshaltung im Sinne des § 80 Abs. 4 Hamburgisches Beamtengesetz verstehen.

Voraussetzung: zur Behandlung notwendig


Das Verwaltungsgericht hat nun allerdings entschieden, dass das Programm somnio ein Hilfsmittel sei und damit unter den Anwendungsbereich des § 11 Absatz 1 Satz 1 der Hamburgischen Beihilfeverordnung falle. Dabei nahm es insbesondere auch eine relevante Abgrenzung zu einer Aufwendung für die allgemeine Lebenshaltung vor. Das Verwaltungsgericht sah es zur Klassifizierung als Hilfsmittel als entscheidend an, dass das Programm somnio nicht "frei" erhältlich sei, sondern lediglich auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung bei Ein- und Durchschlafstörungen verordnet werden dürfe. Dies kam bereits in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck.

Darüber hinaus lässt sich dem Urteil auch eine grundlegende Erwägung zu digitalen Gesundheitsanwendungen entnehmen. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, dass ein digitales Produkt grundsätzlich unter den Anwendungsbereich der Hilfsmittel im Sinne der Hamburgischen Beihilfeverordnung falle. Es betrachtet dabei unter anderem den Sinn und Zweck als Maßstab der Abgrenzung: Die Beschaffenheit des Hilfsmittels spiele weniger eine Rolle als die Frage, ob es ein zur Behandlung notwendiges Mittel sei. Zuletzt offeriert das Verwaltungsgericht konkrete Vorschläge, wie zukünftig eine verlässlichere Rechtsanwendung im Hinblick auf digitale Gesundheitsanwendungen geschaffen werden könne. Das Verwaltungsgericht schlägt Anpassungen entweder in der Verwaltungspraxis oder besser noch in der Beihilfeverordnung vor, wie es in anderen Bundesländern bereits der Fall ist.

Verbesserte Beihilfemöglichkeiten


Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rücknahme der Berufung auf die Verwaltungspraxis bei der Beihilfe auswirken wird. Ich gehe davon aus, dass die Kostenzusagen hinsichtlich digitaler Gesundheitsanwendungen, die in das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgenommen sind (https://diga.bfarm.de/ de/verzeichnis/00508) nunmehr deutlich einfacher zu erreichen sind als zuvor, insbesondere wenn es um ärztlich verordnete digitale Gesundheitsanwendungen geht. Die Entscheidung ist aus meiner Sicht daher eine Stärkung der Beihilfemöglichkeiten der Beamtinnen und Beamten. Durch das Urteil werden die Beihilfemöglichkeiten für digitale Gesundheitsanwendungen auch in Hamburg deutlich verbessert und den meisten anderen Bundesländern angeglichen. Falls Sie also ähnliche digitale Hilfsmittel nutzen, könnte hier auch für Sie eine Chance liegen.

Unser Tipp: Mitglieder des VHSt erhalten eine kostenlose Erstberatung bei der Kanzlei von Harten. Berechtigungsschein (10 Euro Gebühr) über das Vereinsbüro.


Autor: Rechtsanwalt Martin Richter

HBZ · 09/2024
 
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