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Ein Hamburger Künstlerpaar

Richard und Ida Dehmel

Historische Ausstattung des Dichterzimmers
Historische Ausstattung des Dichterzimmers

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Dehmels zentrale Figuren des Aufbruchs in die künstlerische Moderne.

Anlässlich des 150. Geburtstags von Ida am 14. Januar und des 100. Todestags von Richard am 8. Februar 2020 finden in Hamburg Veranstaltungen zu ihren Ehren statt und auch das Dehmelhaus ist immer einen Besuch wert. Wer aber waren die Stars ihrer Zeit?

Richard Dehmel

Richard Fedor Leopold Dehmel (1862- 1920), ein Förstersohn aus Hermsdorf (Mark Brandenburg), studierte in Berlin und arbeitete zunächst als Sekretär, bevor er seine erste Ehefrau, die Märchendichterin Paula Oppenheimer, heiratete. Zusammen mit ihr verfasste er Kinderbücher, bevor er seine ersten Gedichtbände Erlösungen (1891) und Aber die Liebe (1893) veröffentlichte, mit denen ihm der Durchbruch gelang. Sein Gedichtband Weib und Welt (1896) enthielt das Gedicht "Venus Consolatrix" (Verwandlung der Venus), in dem er einen mystischen Geschlechtsakt mit einer Frauenfigur schildert, in der Maria, die Venus und Maria Magdalena verschmelzen. Börries von Münchhausen erstattete daraufhin Anzeige wegen Verletzung sittlicher und religiöser Gefühle, was Dehmel nur noch bekannter machte. Sein Hauptwerk Zwei Menschen, eine in Versen gehaltene Romanze, wurde 1903 veröffentlicht und zog in Europa weite Kreise. Bereits ab 1906 veröffentlichte Dehmel seine gesammelten Werke.

"Das Leben ist nicht dazu da,
verstanden zu werden,
es will geliebt
sein mit ganzer Seele."

Richard Dehmel

Seine Sprache, seine Rhythmen, seine oft sinnlichen Themen erregten, provozierten und inspirierten seine Zeitgenossen. Zahlreiche berühmte Komponisten wie Richard Strauss und Jean Sibelius vertonten seine Gedichte oder wurden durch diese zu Kompositionen angeregt. Er beeinflusste bedeutende Schriftsteller wie Thomas Mann, und zahlreiche Maler wie Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Ludwig Kirchner schufen Bildzyklen zu Werken wie Verwandlungen der Venus und Zwei Menschen. Max Liebermann porträtierte Dehmel im Auftrag Alfred Lichtwarks für die Hamburger Kunsthalle. Richard Dehmel starb 1920 im Alter von 56 Jahren in seinem Künstlerhaus an einer Venenentzündung, die er sich als freiwilliger Soldat im Ersten Weltkrieg zugezogen hatte.

Das restaurierte Dehmelhaus von Südwesten
Das restaurierte Dehmelhaus von Südwesten

Ida Dehmel

Die jüdisch-deutsche Winzertochter Ida Coblenz (1870-1942) war in erster Ehe mit dem Konsul Leopold Auerbach verheiratet und unterhielt einen Salon in Berlin Tiergarten, in dem sie modernen Künstlern wie Edvard Munch, Conrad Ansorge und Stanis³aw Przybyszewski zu Publikum verhalf. So lernte sie auch Richard Dehmel kennen, den sie nach ihrer Scheidung 1901 in London heiratete und mit dem sie nach Blankenese zog. Fortan ging sie in ihrer selbst gewählten Rolle als Künstlergattin, Trendsetterin und Frauenrechtlerin auf und inspirierte ihren Mann zu vielen Gedichten. Zusammen mit der Kunsthistorikerin Dr. Rosa Schapire gründete sie 1916 den Frauenbund zur Förderung deutscher bildender Kunst, der zeitgenössische Künstler unterstützte und Museen moderne Werke schenkte.

Nach dem Tod ihres Mannes 1920 widmete sich Ida Dehmel der Pflege seines literarischen Nachlasses im Dehmel-Archiv und dem Erhalt des Hauses als Erinnerungsort. 1926 gründete sie den bis heute existierenden Verband GEDOK, der Künstlerinnen aller Sparten und Kunstförderer vereint. Zudem betrieb sie eine gefragte Werkstatt für künstlerische Perlarbeiten und war Mitglied im Deutschen Werkbund. Ab 1933 wurde sie als Jüdin immer weiter aus der Kunstfördererszene gedrängt. Zunehmende Angst, Einsamkeit und gesundheitliche Probleme gipfelten schließlich darin, dass Ida Dehmel 1942 den Freitod wählte.

Ausstellung im Untergeschoss
Ausstellung im Untergeschoss

Das Dehmelhaus

Nach ihrer ersten Begegnung 1895 dauerte es nur wenige Jahre, bis die beiden heirateten und nach Blankenese in die Nähe ihres Freundes Detlev von Liliencron zogen. Der Architekt Walther Baedeker erbaute den beiden auf eigene Kosten ihr Haus, das nach Richard Dehmels Ideen zusammen mit namhaften Künstlern entstand.

"Ich will ergründen alle Lust,
so tief ich dürsten kann;
ich will sie aus der
ganzen Welt schöpfen,
und stürb' ich dran."

Richard Dehmel, "Bekenntnis", 1891

1912 bezogen es die beiden und machten es zu einem Ensemble aus Dichterhaus, Mobiliar, Kunstwerken, Archiv und Garten, das zum Treffpunkt für Künstler aus dem In- und Ausland wurde. Das nicht barrierefreie Künstlerhaus in der Richard-Dehmel-Straße 1 in Blankenese kann nach vorheriger Anmeldung von März bis Oktober bei einstündigen Führungen mit Kunsthistorikerinnen für 10 Euro pro Person besichtigt werden.

Den Geist der Dehmels erleben

In der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (Stabi) findet noch bis zum 22. März die Ausstellung "Zwei Menschen - Richard und Ida Dehmel in Hamburg" bei freiem Eintritt statt. In dem Spiegelmosaik der Ausstellung wird ein komplexes Kaleidoskop von Beziehungen und Querverbindungen sichtbar, das die "zwei Menschen" in den zeitgenössischen ästhetischen und kulturellen Kontext der Stadt einbettet.

Am 8. Februar, dem Todestag von Richard Dehmel, findet ein besonderer Dehmelabend im Hamburger Mendelssohn- Saal statt. Junge Künstler der Hochschule für Musik und Theater (HfMT) tragen bei der Veranstaltung der Reemtsma-Stiftung und der HfMT "Wenn die Kühnheit uns erlaubt ist …" Gedichte, Musik und Lieder nach Richard Dehmel vor. Der Eintritt ist kostenlos.

Quellen: Dehmelhaus Stiftung, Dr. Carolin Vogel; C. Vogel. 2017. Richard Dehmel in Blankenese (Menschen und Orte, Edition A·B·Fischer GbR)

Fotos: (c) Dehmelhaus Stiftung; alle Fotos von Richard und Ida Dehmel: Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky

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Autor: VHSt

HBZ · 02/2020
 
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