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Jugendgroßprojekt 'bodybild'

Das plattform-Festival im Ernst Deutsch Theater


Das Hamburger Ernst Deutsch Theater feiert in dieser Theatersaison sein 70. Jubiläum. Deutschlands größtes Privattheater bietet in jeder Spielzeit ein breit gefächertes Programm mit rund 400 Vorstellungen für mehr als 200.000 Besucher.

Bild oben: Der Jugendclub Schauspiel hinterfragt in "bodybild" eigene Sichtweisen und gesellschaftliche Normen. Das Podest wurde von der Projektgruppe Bühnenbild der Ilse-Löwenstein-Schule entworfen und gebaut, Foto: Ernst Deutsch Theater © Fabian Hammer

Trotz der noch geltenden Pandemiebedingungen finden sich dieses Jahr viele Höhepunkte. Einer davon ist das jährliche plattform-Festival. Die HBZ durfte für Sie einen Blick hinter die Kulissen werfen.

Das Ernst Deutsch Theater

Das Schauspielhaus wurde 1951 als "Das Junge Theater" von Friedrich Schütter und Wolfgang Borchert und einigen Gleichgesinnten gegründet. Es war zunächst eine "Protestaktion" junger engagierter Schauspieler gegen die restriktiven Spielpläne der kurz nach Kriegsende wieder eröffneten Bühnen. In der ersten Spielstätte bei der historischen Brücke in den Großen Bleichen ging es darum, Nachwuchsschauspielern Chancen in Hamburgs Kulturlandschaft zu bieten und eine Bühne für zeitgenössische Dramatik zu schaffen.

Nach einigen Umzügen fand das Theater 1964 an der Mundsburg am 2001 in Friedrich-Schütter-Platz benannten Vorplatz seine heutige Heimat. 1973 wurde das Junge Theater zu Ehren des bekannten expressionistischen Schauspielers Ernst Deutsch umbenannt. Am traditionsreichen Standort des UFA-Palastes entwickelte sich schnell eine leistungsfähige Bühne mit über 740 Plätzen. Rollstuhlplätze und Gebärdendolmetscherinnen und -dolmetscher, die bei vielen Vorführungen übersetzen, sind Zeichen des Engagements für eine diskriminierungsfreie, bunte und inklusive Gesellschaft.

plattform: Jugend und Theater

Seit 2003 gibt es im Ernst Deutsch Theater die mehrfach ausgezeichnete Jugendsparte plattform. Dort lernen Kulturschaffende und Jugendliche ab einem Alter von 12 Jahren voneinander in Theorie und Praxis. Unter der Leitung von Mia Massmann gibt es u. a. die plattform-Jugendclubs Schauspiel, Performance und Theatrales Philosophieren. Zudem gibt es einen Jugendclub, in dem gehörlose, schwerhörige und hörende Jugendliche gemeinsam an Stücken arbeiten. Hier arbeiten die Jugendlichen kreativ, kontinuierlich und unter professioneller Anleitung. Sie haben die Möglichkeit, sich auszuprobieren, wachsen über sich hinaus und stehen selbst im Rampenlicht.

Das plattform-Festival

Bei dem jährlich im Februar stattfindenden viertägigen plattform-Festival gehört die Bühne ganz den Jugendlichen. Das Jugendgroßprojekt am letzten Tag ist eine Kooperation des Jugendclubs Schauspiel mit Schüler-Projektgruppen aus fünf Hamburger Stadtteilschulen. Mal ist es ein neu interpretiertes klassisches Theaterstück, mal ein zeitgenössisches Stück, in dem die Jugendlichen selbst am Inhalt mitwirken können.


Bild links: Die Gedärmekostüme der Projektgruppe Kostüm der Heinrich-Hertz-Schule untermalten die Dramatik der Essstörungen, die durch die Eidelstedter thematisiert wurde. Bild rechts: Die Projektgruppe Musik der Stadtteilschule Horn glänzte mit ihren musikalischen Darbietungen während des ganzen Stücks nicht nur durch ihre talentierte Leadsängerin Süheyla (18), Fotos: Ernst Deutsch Theater © Fabian Hammer

2G+ auf der Bühne? Besser als digital

Vor der Pandemie waren es rund 80 Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 14 und 16 Jahren, die am Tag der Generalprobe und Aufführung in den Gängen und Räumen des Theaters hinter der Bühne wuselten und noch letzte Szenen übten. Und weitere 70 hinter der Bühne, die beim Abschluss mit auf die Bühne durften. Im letzten Jahr musste die Aufführung pandemiebedingt online stattfinden. "Wir mussten auf Abstand spielen, durften uns nicht berühren und alles ohne Publikum", sagt Hanna (18) aus dem Ensemble des Jugendclubs Schauspiel. Ihr Schauspielkollege Ivar (22) freut sich darüber, wie viel wieder möglich ist, da es lange unklar war, in welcher Form das diesjährige Festival stattfinden würde. "Wir fühlen uns dieses Jahr wieder richtig lebendig. Letztes Jahr war das Proben mit Masken schwierig. Die Mimik fehlte", sagt Ivar.

In diesem Jahr durften die Jugendlichen in abgespeckter Zahl auf der Bühne ihr Können beweisen. Der Saal war mit 370 Zuschauern, wo sonst 744 sitzen, ausverkauft. Dabei waren zehn Jugendliche des Jugendclubs Schauspiel sowie elf Mitglieder der Projektgruppe Musik der Stadtteilschule Horn und 16 der Projektgruppe Performance der Stadtteilschule Eidelstedt. "Ich freu' mich sehr, dass die Musiker:innen und Performer:innen der Schulen wieder mit dabei sind", sagt Jenna vom Jugendclub.

Die Projektgruppe Tanz der Stadtteilschule Öjendorf wurde bei Tanzsequenzen im Hintergrund auf der Videoleinwand eingebunden. Ihre Darbietungen wurden dafür zuvor in ihrer Schule gefilmt. Die Projektgruppen Kostüm der Heinrich-Hertz-Schule und Bühnenbild der Ilse-Löwenstein-Schule durften zum Abschluss nicht wie sonst mit auf die Bühne. Sie wurden aber im Abspann mit Videos, Fotosequenzen und Namenseinblendungen vorgestellt und saßen bei der Aufführung im Publikum. Nicht ideal, aber man habe sehr großes Glück gehabt, sagt Mia Massmann. "Alle Teilnehmenden waren voll geimpft und auch geboostert. Wir haben uns zusätzlich mit Selbsttests abgesichert, um es für alle Beteiligten so sicher wie möglich zu machen."

"bodybild": ein Theaterstück als Spiegel

In dem 2019 entstandenen Stück "bodybild" von Julia Haenni geht es um Selbstsuche, Selbstwahrnehmung sowie Körperansprüche an andere und den eigenen Körper. In jeder Generation gab es Schönheitsideale, aber noch nie war der Druck, der "geltenden Norm" zu entsprechen, so groß wie heute. Mit Fotomontage und Filtern bearbeitete Hochglanzbilder und Videos, Fernsehformate wie Germany's Next Topmodel und die vielen Influencer (Selbstdarsteller) auf sozialen Medien vermitteln unrealistische Vorbilder oder bezeichnen außergewöhnliche Erscheinungsbilder als "auch" schön.

"Ich will endlich in meinen Körper einziehen, wie in ein schönes Haus. Ein Palast, der extra gebaut wurde nur für mich."

In Haennis Stück macht den Anfang ein Video eines Eichhörnchens, konzentriert beim Essen seiner Nuss, als Sinnbild für die Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu leben. In "bodybild" sind alle Darsteller dabei, sich selbst zu optimieren und den aufgezwungenen Idealen nachzueifern. Nach und nach wird der Unsinn dahinter beleuchtet. Es wird aufgezeigt, wie viel den Jugendlichen entgeht, während sie mit Selbstablehnung und Arbeit an vermeintlicher Perfektion beschäftigt sind. Auch Bulimie und Magersucht werden thematisiert. Das Video des glücklichen Eichhörnchens bildet auch das Ende des Stücks.

plattform-Jugendgroßprojekt: gelungener Auftritt

Monate voll intensiver Proben und Arbeiten für den Jugendclub und die Projektgruppen gingen dem großen Auftritt voraus. Seit Ende Januar wurde dann jeden Sonntag gemeinsam im Ernst Deutsch Theater geprobt. Bei der Generalprobe holperte es nur wenig, die Stimmung auf der Bühne und bei der Regisseurin Imke Trommler und ihrem Team war entspannt und voller Vorfreude. "Erst war das Stück sehr ungewohnt, da es in Versen geschrieben ist und es keine echten Einzelrollen gibt. Aber es spricht vieles an und man erkennt auch ein Stück weit sein früheres Weltbild. Man lernt dazu", sagt die Jungschauspielerin Jenna. "Viele Songs sind erst während der gemeinsamen Proben im Theater dazugekommen", sagt Rojin (18), Bassistin der Musikgruppe der Stadtteilschule Horn. Auf die Frage, ob sie nach ihrem Abschluss eine Musiklaufbahn einschlagen möchte, lächelt sie und verneint: "Ich möchte internationales Businessmanagement studieren." Sadaf (20) spielt Schlagzeug und möchte eher Jura studieren, als Musikerin zu werden. "Ich spiele zwar schon seit Jahren mehrere Instrumente und stand auch schon hier im Ernst Deutsch Theater auf der Bühne, aber das ist für mich einfach ein schönes Hobby."

Beim täglichen Abstrampeln mit Fitness und Kalorienzählen formulieren die Schauspielerinnen und Schauspieler des Jugendclubs auf der Bühne ihre Anforderungen an das andere Geschlecht. Was ist für sie sexy und schön? Und was ist, wenn man sich nicht zu dem anderen Geschlecht hingezogen fühlt? Oder zu beiden? Oder sich nicht sicher ist? Die Jugendlichen auf der Bühne kommen zu dem Schluss, dass es nicht einfach ist, anders zu sein. Und hinterfragen dann auch gleich, was "anders" eigentlich heißt. Am Ende des Stücks, das mit Standing Ovations des Publikums belohnt wird, sticht eine Szene hervor, in der Hanna rezitiert:

"Das spricht mir aus der Seele. Ich bin seit Kurzem auf der Suche nach mir selbst", sagt Ivar und spricht damit für die Mehrzahl der Beteiligten an einem Stück, das für mehr Selbstbewusstsein bei den Jugendlichen sorgt.

VHSt und Ernst Deutsch Theater in Kooperation

20 % Ermäßigung

Das Ernst Deutsch Theater, dieser ganz besondere Kulturschatz in Hamburg, und der VHSt wollen künftig enger kooperieren. Zum Auftakt erhalten alle VHSt-Mitglieder zu den Vorstellungen des Theaterstücks "Onkel Wanja" vom 22. bis 29. April 2022 in allen Preiskategorien eine Ermäßigung von 20 Prozent auf den Ticketpreis. Nennen Sie einfach das Stichwort "HBZ" bei der telefonischen Reservierung Ihrer Karte im Service-Center des Ernst Deutsch Theaters unter 040 22 70 14 20.

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Autor: Samira Aikas
Fotos: Ernst Deutsch Theater (c) Fabian Hammer

HBZ · 04/2022
 
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