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Das Heinrich-Heine-Denkmal in Toulon

Ringen um eine Marmorskulptur

Das Heinrich-Heine-Denkmal der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn in Mourillon zu Toulon, Foto: Fabian Hesse
Das Heinrich-Heine-Denkmal der Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn in Mourillon zu Toulon, Foto: Fabian Hesse
Heinrich Heine (1797-1856), eigentlich Harry Heine, verkörperte für viele deutsche Künstler, die Zuflucht in der Fremde suchen mussten, künstlerische, intellektuelle und politische Freiheit.

Von Antisemiten und selbst ernannten Patrioten geächtet und verunglimpft, führte sein Weg Heine aus Deutschland ins Exil nach Paris, wo er 1856 auf dem Friedhof Montmartre seine letzte Ruhe fand. Der Bildhauer, der die Statue für seine Grabstätte anfertigte, ist auch der Schöpfer des Heine-Denkmals, das heute im französischen Toulon steht und eine ähnliche Odyssee hinter sich hat wie Heine selbst.

Denkmal gegen Widerwillen

Der Dichter Paul Heyse versuchte als Erster, Heinrich Heine ein Denkmal zu setzen. Er rief die Düsseldorfer auf, für ein Standbild Heines in dessen Geburtsstadt zu spenden, verfasste 1887 einen Aufruf an das Komitee in Düsseldorf, in dem unter anderem stand: "Hochbegabte Geister, deren Tun und Streben sich aus dem rauschenden Getriebe ihrer Zeit erkennbar abhebt und noch wirkungsvoll in die Nachwelt hinübergreift, erhalten zuweilen erst von dieser den Kranz, den ihnen die Zeitgenossen […] verweigert haben."

Da Heinrich Heine der Lieblingsdichter von Kaiserin Elisabeth (Sisi) von Österreich-Ungarn war, bot diese an, sich an den Kosten für das Denkmal mit der Hälfte zu beteiligen. Doch das Vorhaben stieß nur bei der Hälfte der Stimmberechtigten auf Zustimmung, weshalb es nicht umgesetzt werden konnte und die Kaiserin sich schließlich aus dem Projekt zurückzog.

Daraufhin beauftragte sie 1891 den dänischen Bildhauer Louis Hasselriis (1844-1912) mit einer eigenen Statue. Acht Jahre später fertigte Hasselriis auch die Statue auf Heines Grab in Paris an. Hasselriis' Heine-Statue für die Kaiserin zeigt einen sitzenden, von Krankheit gezeichneten Heine in seinen letzten Lebensjahren. Sein Haupt ist gesenkt, in einer Hand im Schoß hält er eine Schreibfeder und in der anderen erschlaffenden ein Versbuch, auf dem ein Zitat aus dem Buch der Lieder steht:

Was will die einsame Träne?
Sie trübt mir ja den Blick
Sie blieb aus alten Zeiten
In meinem Auge zurück.

Die 2.250 Kilo schwere und 1,60 Meter hohe Statue bekam ihren festen Platz in Kaiserin Elisabeths Sommerschloss Achilleion im griechischen Korfu in einem eigens dafür errichteten kleinen Tempel.

Historisches Bild des Heine-Denkmals auf Korfu: Postkarte, Fotograf unbekannt, Quelle Wikimedia Commons
Historisches Bild des Heine-Denkmals auf Korfu: Postkarte, Fotograf unbekannt, Quelle Wikimedia Commons

Die Odyssee eines Denkmals

Neun Jahre nach dem Tod der Kaiserin kaufte Kaiser Wilhelm II. ihr Sommerschloss, ließ das Denkmal des von ihm verhassten Dichters abbauen und nach Berlin verfrachten und dort deponieren. Julius Campe, Heines Patenkind und Sohn seines Verlegers, kaufte die Statue und holte sie nach Hamburg. Dort bot er das Denkmal der Stadt an, doch die lehnte erneut ab. Schließlich ließ Campe das Denkmal in der Hamburger Innenstadt auf dem Hof des Verlagssitzes im Barkhof aufstellen.

Im Jahr 1909 starb Julius Campe. Das Denkmal wurde durch antisemitischen Vandalismus beschädigt und beschmiert, bis es schließlich mit einer Holzverkleidung geschützt werden musste. So blieb es unter Brettern verborgen, bis sich Altonas Oberbürgermeister Max Brauer 1927 engagierte und es in das Oktogon im Altonaer Donners Park aufstellen ließ. Als die Nationalsozialisten die Macht ergriffen, wurde die Statue von 1933 bis 1939 höchstwahrscheinlich im Keller von Campes Tochter Olivia versteckt. 1939 beschloss Olivia Campe, die mit dem Franzosen Edmond Bouchard aus Toulon verheiratet war, nach Frankreich zu ziehen, und nahm die Statue mit. Über eine Deponierung in Marseille gelangte das Dichterdenkmal so 1947 nach Toulon, wo es in einem Depot eingelagert und zunächst vergessen wurde.

Foto: Fabian Hesse
Foto: Fabian Hesse

Lebenslanges Exil für eine Statue?

Im November 1956 anlässlich des 100. Todestags des Dichters kam, angestoßen von Hans Henny Jahnn, wieder Bewegung in das Schicksal der Statue. Man versuchte, sie nach Hamburg zurückzuholen. Das gelang zwar nicht, aber in Toulon besann man sich des Schatzes und ließ das Denkmal feierlich im Botanischen Garten in Mourillon zu Toulon aufstellen.

Zum 200. Geburtstag Heinrich Heines 1997 bemühten sich der Schauspieler Christian Quadflieg und die 2004 verstorbene Vorsitzende der Bezirksversammlung Altona Brigitte Meyer, Ehefrau unseres 1. Vorsitzenden Joachim Meyer, gemeinsam mit einer Bouchard- Nachkommin um eine Rückkehr des Denkmals, das mittlerweile in einem beklagenswerten Zustand war. Doch die Antwort der Senatskanzlei lautete, dass man wegen dieser Statue die deutschfranzösischen Freundschaftsbeziehungen nicht strapazieren wolle. Toulon ließ das Denkmal 2008 sanieren und rettete es so vor dem Verfall.

Zuletzt trat die 1. Vorsitzende des Heine-Haus e. V., Dr. Beate Borowka-Clausberg, zusammen mit Quadflieg 2019 erneut an die Stadt Toulon heran und fragte nach, ob man sich vorstellen könne, die Statue an Hamburg zu übergeben. Doch der Bürgermeister von Toulon antwortete dem Verein, dass man die Statue inzwischen lieb gewonnen habe und behalten werde. Auf Nachfrage der HBZ bei der Senatskanzlei kam die Antwort, dass es derzeit keine Bemühungen gebe, die Statue zurückzuholen, da auch keine aktuellen Petitionen vorlägen und Toulon das Denkmal behalten wolle. Aufgrund des Scheiterns aller Rückholaktionen überlegt man im Heine-Haus e. V. nun, eine Reproduktion oder auch ein völlig neues Denkmal zu Ehren des großen Dichters für den Heine-Park anfertigen zu lassen. In einer kleinen Ausstellung im Heine-Haus sind derzeit zwei kleinformatige 3-D-Drucke des Hasselriis-Heine von Fabian Hesse zu besichtigen.

Quellen: Heine-Haus e. V.: Jahresbericht 2019; Dr. Beate Borowka-Clausberg; Senatskanzlei Hamburg; Manfred Flügge: "Die Odyssee von Sisis Heine-Denkmal", Frankfurter Allgemeine Online, 8.12.2007; bm: "Heine bleibt in Toulon", altona, 1.3.2006; Matthias Schmoock, "Kehrt das Heine-Denkmal zurück an die Elbe?", Hamburger Abendblatt, 18.1.2019

Fotos des Heine-Denkmals in Toulon und der 3-D-Drucke: Fabian Hesse © Heine-Haus Hamburg; Historisches Bild des Heine-Denkmals auf Korfu: Postkarte, Fotograf unbekannt, Quelle Wikimedia Commons

Autor: VHSt

HBZ · 07/2020
 
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