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So erkennen Sie gute Pflegeheime

Bei drohender Pflegebedürftigkeit stellt sich für Betroffene und ihre Angehörigen die Frage, ob eine ambulante Versorgung zu Hause möglich oder die Aufnahme in eine Pflegeeinrichtung notwendig ist. Unser Thema heute ist die stationäre Pflege in einem Heim.

Der lang ersehnte und von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigte überarbeitete Pflege-TÜV für Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste wird voraussichtlich im November dieses Jahres umgesetzt. Er soll in erster Linie die Unterschiede in den Angeboten verdeutlichen und die tatsächliche Lebens- und Versorgungssituation der Bewohner darstellen, die durch stichprobenartige Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen festgestellt werden.

Zu der Frage, woran man ein gutes Pflegeheim erkennt, antwortete uns Staatssekretär Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung: "[…] Ich erwarte, dass die Menschen damit [mit dem neuen Pflege-TÜV] ein hilfreiches und verlässliches Instrument bekommen, das sie zur Information über die Einrichtungen auch nutzen sollten. Aber auch die anderen Aspekte dürfen nicht außer Acht bleiben. Eine stationäre Pflegeeinrichtung ist für ihre Bewohner der Ort, an dem sie die meisten, nicht selten sogar alle Stunden des Tages verbringen. Im Idealfall wird sie zu einer Art Zuhause. Was neben der Pflegequalität dafür wichtig ist, ist bei jedem Menschen anders. Das fängt mit der Lage und Erreichbarkeit an, geht weiter z. B. mit der Ausstattung und den Angeboten, die eine Einrichtung bietet, und endet bei vermeintlichen Banalitäten wie der Gestaltung der Speiseräume. Deshalb rate ich den Betroffenen immer dazu, sich die in Frage kommenden Einrichtungen vor Ort anzusehen, mit den Menschen zu sprechen und nach allem zu fragen, was ihnen wichtig ist. Nur so finden sie heraus, wo ihre Bedarfe erfüllt werden, wo sie sich wohl fühlen könnten und was für sie ganz konkret eine gute Einrichtung ist."

In der Vergangenheit hat es immer wieder Klagen über Pflegeheime gegeben. Glücklicherweise hat sich zwar durch gesetzliche Maßnahmen sowie Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen und die Heimaufsicht inzwischen schon viel geändert, die Qualität der Heime ist aber immer noch sehr unterschiedlich. Es gibt jedoch Mittel und Wege, im Vorfeld herauszufinden, welche Heime gut sind und zu den individuellen Bedürfnissen passen. Wir haben Ihnen zusammen mit den VHSt-Vorständen Bernd Ricanek und Helge Rodewald, die beide auf langjährige Erfahrungen in diesem Sektor zurückblicken können, die wichtigsten Punkte für Ihre persönliche Checkliste zur Auswahl des passenden Pflegeheims zusammengestellt.

Doch zunächst möchten wir mit zwei Heim-Mythen aufräumen:

Mythos 1: Wer alt und krank ist, muss ins Pflegeheim.
Wer keine Gefahr für sich und andere darstellt, muss auch nicht ins Heim. Der Umzug ist eine freiwillige Entscheidung und muss beantragt werden.

Mythos 2: Man hat im Heim keine Rechte und keine eigene Meinung.
Sie haben alle Rechte, können sich beschweren, wenn Ihnen etwas nicht behagt, und über Ihren Tagesablauf frei entscheiden. Sie können auch umziehen, wenn es Ihnen dort nicht gefällt.

Die Lage des Heims

Möchten Sie in Ihrem alten Viertel oder in der Nähe von Verwandten wohnen, sollte das Pflegeheim entsprechend in der Nähe sein. Eine zentrale Lage mit guter Verkehrsanbindung ist ideal und das Heim sollte ausreichend Parkplätze für Besucher bereitstellen, damit Verwandte mit Auto spontan auf einen Besuch vorbeikommen können. Ärzte, Einkaufsgelegenheiten sowie Restaurants und Kultureinrichtungen sollten zu Fuß erreichbar sein. Um unter den rund 90 Hamburger-Pflegeheimen und Seniorenresidenzen mit Pflegewohnbereichen das Heim zu finden, das von der Lage und den Anbindungen passt, können Sie entweder im Internet recherchieren oder eine unabhängige Pflegeberatung wie einen der acht Hamburger Pflegestützpunkte aufsuchen. Pflegestützpunkte gibt es in Altona, Bergedorf, Eimsbüttel, Hamburg-Mitte, Hamburg-Nord, Harburg, Rahlstedt und Wandsbek.

Zimmerverfügbarkeit und Ausstattung

Rufen Sie bei der Heimleitung oder dem Bewohnerbüro des Heims an und fragen Sie, zu welchem Zeitpunkt ein Ein- oder Zweibettzimmer bezugsfertig wäre. Vereinbaren Sie bei Verfügbarkeit gleich einen Gesprächstermin. Überlegen Sie sich gut, welche Zimmerart Sie bevorzugen. Bei Einbettzimmern hat man zwar mehr Ruhe, ist aber auch mehr allein und die Pfleger kommen bei einem Doppelzimmer doppelt so oft vorbei. Gibt es in dem Pflegeheim Ihrer Wahl eine lange Warteliste, lassen Sie sich schnell darauf setzen. Werden Sie nach der Voranmeldung pflegebedürftig, bieten größere Heimträger oft den vorübergehenden Einzug in ein anderes Haus mit späterem Umzug an. Wenn Sie ein Haustier haben, fragen Sie nach Haltung oder Besuchsmöglichkeiten von Tieren, um die Wahl des Heims im Vorfeld einzugrenzen.

Gesprächstermin mit der Heimleitung

Nehmen Sie am besten eine Begleitperson zu dem vereinbarten Gesprächstermin mit, um Eindrücke danach abgleichen zu können. Lassen Sie sich den Heimvertrag zeigen (noch nicht unterschreiben!), auf dem alle Extraleistungen aufgeführt sind, und erfragen Sie in dem Gespräch die folgenden Punkte:

Organisation, Leistungen und Kosten

  • Ist das Heim barrierefrei?
  • Welcher Eigenanteil muss monatlich für die Unterbringung im Pflegeheim gezahlt werden?
  • Welche Zusatz- und Serviceleistungen wie Fahrdienste, Gymnastik, Spieleabende, Lesungen, Ausflüge gibt es und wie oft finden sie statt? Welche kosten extra? Werden Wellness-Dienstleistungen wie Maniküre, Fußpflege, Frisör und Massagen angeboten?
  • Gibt es einen Bewohnerbeirat? Wenn nicht, gibt es einen Heimfürsprecher, der Bewohnern eine aktive Mitbestimmung ermöglicht?
  • Wie wird mit Beschwerden im Heim umgegangen? Gibt es ein Beschwerdemanagement?
  • Wie wird mit Verstorbenen umgegangen? Gibt es einen Abschiedsraum?
  • Werden Gottesdienste angeboten?

Ärztliche Betreuung und Pflege

  • Gibt es regelmäßige ärztliche Sprechstunden und Visiten mit Haus- und Fachärzten im Heim?
  • Hat man freie Arztwahl und kann ggf. die Behandlung durch seine bisherigen Ärzte fortsetzen, wenn diese Hausbesuche machen?
  • Ist die Patientendokumentation für die Ärzte einsehbar?
  • Welche Therapiemöglichkeiten gibt es im Haus?
  • Bei Demenz- und psychischen Erkrankungen: Gibt es speziell ausgebildetes Personal? Werden die individuellen Vorgeschichten in die Pflegeplanung einbezogen?
  • Gibt es einen Seelsorger?
  • Arbeiten ehrenamtliche Mitarbeiter im Heim? Wenn nicht, ist das oft ein Zeichen für mangelnde Transparenz.

Freiheiten und Individualität

  • Ist das Heim jederzeit für Bewohner und Besucher offen und kann flexibel besucht werden? Ist das nicht der Fall, sollten Sie von dem Heim Abstand nehmen. Viele Residenzen bieten einen Pförtnerdienst an.
  • Wie ist der Tagesablauf und welche Möglichkeiten zur Tagesgestaltung hat man als Bewohner? Ist man in seiner Planung frei und kann selbst bestimmen, wann man aufsteht und zu Bett geht?
  • Darf man seine eigenen Möbel zumindest zum Teil mitbringen? Entsprechen die Zimmer Ihren Ansprüchen in Größe, Ausstattung und Aufteilung? Passt die technische Ausstattung zu Ihren Anforderungen, wie beispielsweise Internet, Telefon und Fernseher?
  • Falls Sie ein Haustier haben: Sprechen Sie die Mitnahme an.

Verpflegung

  • Wie sieht ein zweiwöchentlicher Speiseplan aus? Ist er abwechslungsreich?
  • Werden spezielle Ernährungsformen auch bei fehlender medizinischer Notwendigkeit berücksichtigt, wie zum Beispiel Halal, Koscher oder Vegan?
  • Kann man sein Essen wahlweise im Zimmer oder im Speisesaal zu sich nehmen? Entstehen durch Zimmerservice Extrakosten?
  • Sind die Frühstücks- und Abendessenzeiten flexibel?
  • Gibt es jederzeit die Möglichkeit, auch außerhalb der üblichen Mahlzeiten Speisen und Getränke zu bekommen?
  • Gibt es eine Cafeteria?

Das Heim auf eigene Faust erkunden

Besuchen Sie das Heim am besten mehrmals zu unterschiedlichen Tageszeiten unangemeldet möglichst in Begleitung und für mindestens eine Stunde. Achten Sie bei Ihrem Besuch besonders auf Folgendes:

  • Nehmen Sie einen unangenehmen Geruch von Urin oder scharfen Putzmitteln wahr? Dies ist nicht nur ein Indiz dafür, dass nicht oft genug gelüftet wird, sondern auch dass Inkontinenzmaterial nicht bei Bedarf, sondern in einem festgelegten Rhythmus gewechselt wird und die Reiniger den Geruch überlagern sollen.
  • Ist es auf Toiletten, in Gemeinschaftsräumen und dem Rest des Hauses ordentlich und sauber?
  • Gibt es einen schönen Raum, um außerhalb des eigenen Zimmers Besuch zu empfangen?
  • Sind die Zimmertüren geschlossen? Wenn nicht, haben die Bewohner womöglich keine Privatsphäre. Außerdem wird es so Dieben leicht gemacht.
  • Umgangsformen: Werden Senioren von jungen Angestellten geduzt? Ist der Ton zwischen Bewohnern und Pflegekräften angemessen? Wie gehen die Angestellten miteinander um?
  • Sind schöne Grünanlagen vorhanden, die Raum zum Spazierengehen geben?
  • Gefallen Ihnen Einrichtung, Dekorationen und die dort herrschende Atmosphäre oder erinnert Sie das Pflegeheim eher an ein Krankenhaus?

Meinungen von Bewohnern und Angehörigen

Holen Sie sich Erfahrungen und Meinungen der Bewohner ein. Wie nehmen sie die Freizeitaktivitäten an? Fühlen sie sich wohl? Wie wird mit Beschwerden umgegangen? Fragen Sie nett, ob Sie mal ein Zimmer sehen dürfen. Fragen Sie auch Besucher von Bewohnern nach deren Meinung. Bei Aussagen, die einen häufigen Personalwechsel indizieren, ist Vorsicht angesagt. Betrachten Sie auch die Bewohner selbst etwas näher. Machen sie einen aufgeweckten Eindruck oder wirken sie eher teilnahmslos?

Welche Kosten fallen an?

Bei einer Pflegebedürftigkeit besteht ein Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung, die je nach Pflegegrad die Kosten für die ambulante und stationäre Pflege übernimmt. Die gesetzlichen Leistungen für stationäre Pflege betragen aktuell:

  • Pflegegrad 1: 125 Euro
  • Pflegegrad 2: 770 Euro
  • Pflegegrad 3: 1.262 Euro
  • Pflegegrad 4: 1.775 Euro
  • Pflegegrad 5: 2.005 Euro

Die durchschnittlichen Pflegeheimkosten (einschl. Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskostenbeitrag) betragen laut Statistischem Bundesamt in Hamburg rund 3.800 Euro ohne vereinbarte Extraleistungen. Die Leistungsbeträge aus der gesetzlichen Pflegeversicherung reichen daher nicht aus, um die Kosten der Versorgung vollständig zu decken. Der Einsatz der eigenen Rente ist bis auf einen Barbetrag zur persönlichen Verfügung von rund 110 Euro zur Deckung der Pflegeheimkosten verpflichtend. Der Eigenanteil ist von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich, weswegen sich auch in dieser Hinsicht ein Vergleich lohnt.

Reichen das eigene Einkommen und Vermögen für den Eigenanteil ohne Zusatzleistungen nicht aus oder ist alles an Vermögen nach einiger Zeit aufgebraucht, beteiligen sich die Sozialhilfeträger. Auskünfte dazu erhalten Sie direkt bei den Pflegeeinrichtungen, Pflegestützpunkten oder Sozialämtern. Da das Sozialamt nicht rückwirkend bezahlt, sollte der Antrag auf Unterstützung unbedingt rechtzeitig gestellt werden.

Probewohnen schafft Klarheit

Wenn Sie sich für ein Heim entschieden haben, ist es ideal, ein einmonatiges Probewohnen in Anspruch zu nehmen, sollte diese Möglichkeit bestehen. Es empfiehlt sich außerdem, die eigene Wohnung für zwei, drei Monate zu behalten, um bei Nichtgefallen gleich wieder ausziehen zu können. Die Frage, ob man sich in einem Haus langfristig wohlfühlen wird, ist trotz aller Checklisten nicht immer leicht zu beantworten.

Quellen: Bernd Ricanek, Helge Rodewald, Bundesministerium für Gesundheit, Geschäftsstelle Qualitätsausschuss Pflege e. V., Statistisches Bundesamt (Pflegestatistik), Weisse Liste gemeinnützige GmbH

Autor: VHSt

HBZ · 03/2019
 
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