Titelfoto: © Hamburger Staatsarchiv (c) stahlpress Medienbüro
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30 Jahre Literaturhaus
Nobelpreisträger und Literaturfreunde in Uhlenhorst
Die denkmalgeschützte pittoreske weiße Villa an der Alster gehört zu den architektonischen Perlen Hamburgs. Seit 30 Jahren schlägt dort das literarische Herz unserer Stadt. Das Literaturhaus ist Heimat für Nobelpreisträger und Nachwuchsautoren, für Künstler und Theaterleute sowie alle Literaturfreunde.
Von der Privatvilla zur Tanzschule
Die Reihenhausvilla im spätklassizistischen Stil wurde 1868 gebaut. Im Jahre 1889 erwarb der Bankier Adolph von Pein die Villa und erweiterte sie mit einem prächtigen Gartensaal von den Architekten Kraus und Minck zum Musizieren und für Feste. Schließlich gelangte sie 1908 in den Besitz von Franz Justus Krieg, der hier die Heilgymnastische Privatanstalt Dr. Krieg betrieb. 1924 nutzten die Hamburger Bewegungschöre Labanschule, eine Tanzschule des Ungarn Rudolf von Laban, den Gartensaal, bis die Labanschule 1937 auf Anordnung der Nationalsozialisten in Lola- Rogge-Schule umbenannt wurde. Ein Jahr später musste sie ganz ausziehen, da Krieg die Villa an die Stadt verkaufte.
Zufluchtsort für junge Frauen
Hamburg richtete in der Villa ein "Wohnheim für weibliche Lehrlinge, Durchgangsheim für gefährdete weibliche Jugendliche und Schutzhaftstelle für Aufgegriffene" ein. Der jüdische Besitzer des Nachbarhauses wurde 1941 enteignet und sein Haus wurde dem Heim angeschlossen. Nun bot es Platz für 100 junge Frauen. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurden beide Häuser kurzzeitig als Notunterkunft für ausgebombte Parteimitglieder verwendet. Im Mai 1945 beschlagnahmten britische Militärbehörden das Heim zunächst, gaben es aber bereits im Sommer wieder frei, sodass das Durchgangsheim für Mädchen die Arbeit im Herbst wieder aufnehmen konnte. Im Jahr 1958 ging die zweite Villa wieder in den Besitz des enteigneten Eigentümers über. 1985 wurde das Heim schließlich geschlossen und die Bewohnerinnen wurden auf andere Heime verteilt. Die Villa stand nun leer und verkam zusehends.
Literaturhaus Hamburg e. V.
Schwanenwik 38, 22087 Hamburg
www.literaturhaus.net
Telefon: (040) 22 70 20 44
Literaturhauscafé:
Dienstag bis Freitag 11 bis 19 Uhr
Samstag: 11 bis 16 Uhr
Verleihung des Mara-Cassen-Preises für deutschsprachige Debütromane
Bürgerliches Engagement und neue Verwendung
Der Einzug des 1985 gegründeten Literaturhaus e. V. bewahrte die Villa vor weiterem Verfall. Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius erwarb das Haus, stellte es dem Verein mietfrei zur Verfügung und trug erhebliche Anteile der Renovierungskosten. Mit 2,7 Millionen Deutsche Mark bezuschusste die Freie und Hansestadt Hamburg die Renovierung und ein anonymer Mäzen spendete zusätzlich eine Millionen Mark für den laufenden Betrieb. Im Jahr 1989 war es dann so weit: Das Hamburger Literaturhaus wurde wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Damit ist es, nach dem in Berlin, das zweite Literaturhaus Deutschlands.
Neben dem Literaturhaus e. V. sind in der historischen Stadtvilla auch das Literaturzentrum, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Buchhandlung Samtleben untergebracht. Das ebenfalls in der Villa ansässige Literaturhauscafé bietet zudem ein vorzügliches gastronomisches Angebot. Die Mieteinnahmen aus der Untervermietung kommen der Programmarbeit des Vereins zugute. Inzwischen hat der Literaturhaus e. V. etwa 750 zahlende Mitglieder.
Forum für alle Spielarten der Literatur
Auf die Fragen, welche Ausrichtung und Ziele das Literaturhaus hat und wie die Autoren ausgewählt werden, antwortete der Germanist, Literaturkritiker und Autor Prof. Dr. Rainer Moritz, Leiter des Literaturhaus Hamburg e. V.: "Das Literaturhaus Hamburg versteht sich seit jeher als Forum für Literatur unterschiedlichster Spielarten. Wir wollen zeigen, was die Gegenwartsliteratur national wie international an Aufregendem und Neuem zu bieten hat. Wir wollen zu Diskussionen über die Rolle der Kultur in unserer Gesellschaft anregen und junge Leserinnen und Leser an die Literatur heranführen. Vor diesem Hintergrund präsentieren wir Autorinnen und Autoren, deren Werke ästhetisch und inhaltlich Neues zu bieten haben und einen neuen Blick auf die Welt ermöglichen. Das heißt, das Programm des Literaturhauses orientiert sich in erster Linie nicht an Bestsellerlisten, sondern gibt Anreize, Entdeckungsreisen zu unternehmen, und möchte das Faszinierende der Literatur verdeutlichen."
Das ganze Jahr über lädt das Literaturhaus zu Lesungen, Podiumsdiskussionen, Gesprächsrunden, oder literarischen Abenden ein. Außerdem kooperiert es bei Projekten mit verschiedenen Hamburger Kulturinstitutionen. Neben dem Monatsprogramm gibt es mehrtägige Festivals wie die Nordischen Literaturtage oder die Hamburger Graphic Novel Tage. Einmal im Jahr wird hier zudem der Mara-Cassens- Preis für den besten deutschsprachigen Debütroman vergeben. Das Programm des Jungen Literaturhauses zieht Kinder und Jugendliche an und begeistert sie mit Autorenbegegnungen, Schreibwerkstätten und Literatur-Workshops.
Autor: VHSt
Fotos: (c) Literaturhaus Hamburg
HBZ · 04/2019
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