
Kunst und Kultur für jedermann
100 Jahre Hamburger Volksbühne
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Abbildung: Hamburger Volksbühne e. V. |
Die Hamburger Volksbühne ist die wichtigste und größte Organisation für die Theaterbesucher der Hansestadt und eine der größten in Deutschland.
Unter dem neuen Markenslogan "inkultur - Bühne frei für mehr Hamburg" stellt der über 23.000 Mitglieder zählende Verein ein kulturgesellschaftliches Programm sicher, das den individuellen Publikumswünschen in einem breiten Spektrum entspricht. Das Credo: Kunst und Kultur für jedermann! In diesem Jahr feiert die Hamburger Volksbühne ihr 100-jähriges Bestehen.
Im Kultur- und Bildungswandel
Die Idee der Volksbühnen hat ihre Wurzeln im Berlin des späten 19. Jahrhunderts. Dort wurde im Jahr 1890 die "Freie Volksbühne" gegründet. Das Ziel war es, den Besuch von kulturellen Veranstaltungen, bis dato dem hochgestellten Bürgertum vorbehalten, auch Arbeitern zu ermöglichen. Doch die Zeit für einen Kultur- und Bildungswandel war in der Epoche des Realismus und des Kaiserreichs noch nicht reif. Zwar setzte eine zentral eingesetzte Kommission in Hamburg-Altona die in Berlin begonnene kulturelle Arbeit in den Grundzügen fort; doch die eigentliche Umsetzung der angestrebten Vorstellungen wurde erst nach Ende des Ersten Weltkrieges im Januar 1919 mit der Vereinsgründung des Hamburger Volksbühne e. V. verwirklicht.
In den schwierigen Jahren der Weltwirtschaftskrise, des Dritten Reichs und der Schreckenszeit des Zweiten Weltkriegs kam die Arbeit des Vereins zum Erliegen. Doch kaum schwiegen die Waffen, war der Hunger der Bevölkerung nach Unterhaltung und Kultur nahezu unersättlich. Bereits im Dezember 1945 zählte die Volksbühne wieder rund 3.000 Mitglieder, im Jahr 1948 waren es über 36.000. Der Wiederaufbau und das deutsche Wirtschaftswunder der 50er-Jahre verhalfen auch dem Volksbühnenverein zu Höhenflügen ungeahnten Ausmaßes. Die Hamburger Theaterhäuser gerieten an ihre Kapazitätsgrenzen. Eigene Abonnenten und mehr als 40.000 Volksbühnenmitglieder verursachten zwischenzeitlich sogar einen Aufnahmestopp in die Kulturorganisation.
Engagement und Ausrichtung
Im Laufe der Jahrzehnte hat sich die Volksbühne auch immer wieder gesellschaftskritischen und politischen Themen angenommen, beispielsweise durch Theateraufführungen, die kontroverse Diskussionen auslösten. Hierzu gab es Kritik von Medienvertretern oder anderer Stelle, der Verein versuche, direkt auf Spielpläne oder Inszenierungen Einfluss zu nehmen. Doch Engagement bedeutet auch die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst. Was wäre das Schauspiel ohne eine Reaktion? Im Jahr 1969 rief die Volksbühne den Stiftungspreis der "silbernen Maske" ins Leben, dessen Vergabe Anfang der 90er-Jahre wieder eingestellt wurde. Berühmte Preisträger waren die grandiose Ida Ehre, Will Quadflieg, Uwe Friedrichsen, Werner Hinz oder die unvergessene Volksschauspielerin Heidi Kabel.
Mit den 70er-Jahren und der endgültigen Öffnung der Gesellschaft im Sinne des kulturpolitischen Wandels sah sich auch die Volksbühne mehr und mehr als individuelle Freizeitorganisation für die Kulturbelange der Bürger. Das Angebot wurde entsprechend erweitert. Abonnenten, die in den Randbezirken der Hansestadt wohnten, wurden per Busshuttle zu den Theaterspielorten gebracht. Auch klassische Sinfoniekonzerte, Kammermusik oder Rundreisen zu Schauspielstätten in der ganzen Welt standen nun im Programm. Die wirtschaftlich schwierige Lage der 90er- Jahre im Übergang zum neuen Jahrtausend setzte auch dem Verein der Hamburger Volksbühne zu. Die Kassen der öffentlichen Hand waren leer, was drastische Sparmaßnahmen in den Theatern zur Folge hatte. Erstmals waren die Mitgliederzahlen wieder rückläufig.
100-jähriges Jubiläum
Heute ist die Hamburger Volksbühne ein moderner Serviceverein mit rund 23.000 Mitgliedern. Bernd Rickert, aktueller Vorstandsvorsitzender, sieht die Verpflichtung seiner Organisation immer noch darin, eine breite Öffentlichkeit für die umfangreichen städtischen Kulturangebote zu gewinnen. Dabei gilt es, Begeisterung zu entfachen und vielfältige Serviceangebote bereitzustellen. Etwa 45 private und staatliche Theater erwarten die Besucher. Konzerte, Ausstellungen oder die Kombinierbarkeit von Veranstaltungen schaffen neues Interesse und vielfältige Möglichkeiten.
Zum Jubiläum äußerte sich Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien, indem er im Rahmen einer Auszeichnung dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Rickert für das Engagement dankte. Die Hamburger Volksbühne sei ein unermüdlicher Partner, der sich über die Jahrzehnte etabliert und als Ideengeber für ein breites Publikum und die Kultureinrichtungen der Hansestadt verdient gemacht habe. Der Senator betonte, dass dies im Besonderen für die Hamburger Theater gelte, aber auch für die Umsetzung und das Vorantreiben außergewöhnlicher gesellschaftlicher oder künstlerischer Veranstaltungen. Dieser spezifische Anspruch liege begründet in der Entstehungszeit der Volksbühne, welche eng mit weiteren Hamburger Institutionen verknüpft sei.
Infos unter:
inkultur - Haus der Hamburger Volksbühne
Graumannsweg 31
Tel.: (040) 22 70 06 66
www.inkultur.de
Bildergalerie
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Autor: VHSt
HBZ · 07/2019
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