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Bundesbehörde für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel

Das Paul-Ehrlich-Institut


Seit in Deutschland Impfstoffe gegen das Coronavirus zugelassen sind und bereits während des Zulassungsprozesses war in der Berichterstattung außer dem Robert Koch-Institut (RKI) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch immer wieder vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) die Rede.

Bild oben: Die 1922 vereinigten Gebäude des Königlichen Instituts für Experimentelle Therapie und des Chemotherapeutischen Forschungsinstituts Georg-Speyer-Haus

Das Paul-Ehrlich-Institut überwacht die Sicherheit von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln. Hierfür untersucht es deren Wirksamkeit, sammelt Erkenntnisse über mögliche Nebenwirkungen, ergreift ggf. Maßnahmen und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Verfügbarkeit und Sicherheit. Die regulatorischen Aufgaben des Instituts umfassen neben der Zulassung die wissenschaftliche Beratung zur Arzneimittelentwicklung, die Genehmigung klinischer Prüfungen, die experimentelle Produktprüfung und staatliche Chargenprüfung und -freigabe sowie Bewertung von Arzneimittelnebenwirkungen in Tier- und Humanmedizin.

Historische Fußstapfen

Die dem Bundesgesundheitsministerium eingegliederte Oberbehörde PEI fußt auf dem im Jahr 1896 in Berlin neu gegründeten Institut für Serumprüfung und Serumforschung, das im Jahr 1899 unter dem Namen Institut für experimentelle Therapie nach Frankfurt am Main verlegt wurde. Leiter der Gründungsinstitute war das medizinische Forschungsgenie und der Nobelpreisträger Professor Dr. Paul Ehrlich, der aufgrund seiner Lebensleistungen im heutigen Aufgabengebiet der Bundesbehörde nur aus allzu logischer Konsequenz zum Namensgeber der modernen Forschungseinrichtung wurde.

Nach dem Aufbau des Institutes für experimentelle Therapie in Frankfurt erhielt dessen Leiter Paul Ehrlich weitere erhebliche finanzielle Stiftungsmittel, die zur Gründung eines weiteren Forschungsinstitutes führten. Das Georg-Speyer-Haus, dessen erster Direktor ebenfalls Paul Ehrlich war, wurde im Jahr 1906 direkt gegenüber eröffnet. Im Jahr 1921 wurden beide Institutsgebäude durch einen Zwischenbau verbunden. In der Zeit des Nationalsozialismus versuchte man alle Spuren Ehrlichs, der jüdischen Glaubens war, zu vernichten, doch schon bald nach Ende des Zweiten Weltkrieges begannen der Wiederaufbau und die Umbenennung in Paul-Ehrlich-Institut. Die nun staatliche Forschungsanstalt erfuhr mit einer Gesetzesnovelle im Jahr 1972 ihre endgültige Selbstständigkeit als Bundesoberbehörde und war fortan verantwortlich für Impfstoffe und Seren.

Der Sitz des Paul-Ehrlich-Instituts mit Sitz in Langen bei Frankfurt am Main
Der Sitz des Paul-Ehrlich-Instituts mit Sitz in Langen bei Frankfurt am Main

Neuer Standort und Erweiterungen

Im Jahr 1987 begann man damit, sich in den neuen Institutsräumlichkeiten im südhessischen Langen einzurichten. Drei Jahre später war der Umzug endgültig abgeschlossen und die Einweihung konnte gefeiert werden. In den nächsten Jahren wurde das Institut um die Abteilung der medizinischen Biotechnologie erweitert und die Abteilung Hämatologie und Transfusionsmedizin neu installiert. 1996 übergab das damalige Bundesgesundheitsamt per Gesetzesregelung die Zuständigkeit für Blut und Blutzubereitung in die Kompetenz des Paul-Ehrlich-Institutes.

Aufgaben im 21. Jahrhundert

Die Ausweitungen der einzelnen Forschungsbereiche und die komplexen Abläufe im modernen Gesundheitssystem haben auch die Aufgabenstellung des Paul-Ehrlich-Institutes erweitert. Ab dem Jahr 2004 übernahm es die Zuständigkeit für somatische und xenogene Zelltherapeutika sowie Gentransfer-Arzneimittel. Sämtliche klinische Studien, bei denen Arzneimittel aus dem Zuständigkeitsbereich des Institutes angewandt werden, unterliegen seitdem der Genehmigungspflicht durch das Paul-Ehrlich-Institut. Im Jahr 2005 erhob die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Paul-Ehrlich-Institut zum Kooperationszentrum für die Qualitätssicherung von Produkten im Zusammenhang mit Blut und In-vitro-Diagnostika (IVD), Produkten aus dem Medizinbereich für Laboruntersuchungen von aus menschlichen Körpern stammenden Proben. 2013 weitete die WHO diese Kooperation auch auf Impfstoffe aus.

Das Aufgabenfeld der Bewertung und Standardisierung umfasst Sera sowohl für den Menschen auch als für Tiere, Impfstoffe, Arzneimittel aus Blut, monoklonale Antikörper - das sind immunologisch aktive Proteine einer Zelllinie -, Allergenpräparate, Gewebezubereitungen und Arzneimittel für neuartige Therapiemaßnahmen. Ein gewichtiger Teil der Institutsressourcen widmet sich der Forschungsarbeit und der wissenschaftlichen Beratung. Zulassungsverfahren und Expertise des Paul-Ehrlich-Institutes schützen Patientinnen und Patienten, denen auch wichtige Verbraucherschutzinformationen sowie Aufklärung über Wirkungsweisen an die Hand gegeben werden. Transparenz ist hierbei ein wesentliches Prinzip des Institutes. Mit der Prüfung, Zulassung, Bewertung, wissenschaftlichen Analyse, Beratung und Forschung innerhalb der Biomedizin und der Lebenswissenschaften sind rund 8.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im selbstverwalteten PEI beschäftigt.

Arbeiten, Ergebnisse und wesentliche Dokumentationen werden viermal jährlich vom Institut im Bundesgesundheitsblatt und im Bulletin zur Arzneimittelsicherheit publiziert. Des Weiteren betreibt das Institut das Deutsche Hämophilieregister, eine wichtige der Meldepflicht unterliegenden Quelle zur Unterstützung im Kampf gegen Blutkrankheiten.

Forschung und Anerkennung

Das Renommee des Bundesinstitutes als Forschungsanstalt ist auch international exzellent. Ein hervorragendes Kernmerkmal hierbei ist es, dass sämtliche Institutsabteilungen und ihr damit verbundener Regelbetrieb unmittelbar mit den jeweiligen Forschungseinheiten verknüpft sind. Zwar ist das Paul-Ehrlich-Institut eine Ressortforschungseinrichtung des Bundes und muss sich damit auch politischen Entscheidungen und Anordnungen fügen, doch es agiert dennoch nach unparteilichen Grundprinzipien. Im staatlichen Gefüge von insgesamt 40 Bundesforschungseinrichtungen hat sich das Institut etabliert. Der Wissenschaftliche Beirat (WB) des Institutes ist ein Gremium aus Experten und Fachleuten, das begleitend und unterstützend auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit sichert. Eine intensive Nachwuchsförderung und die Gewährung von jährlichen Forschungspreisen als anerkennende Auszeichnung für herausragende wissenschaftliche Arbeiten gehören dabei ebenso zum attraktiven Gestaltungsbild des Institutes. Die Preisverleihung des diesjährigen Paul-Ehrlich-Preises für zwei US-Mikrobiologen, die bewiesen, dass Bakterien miteinander kommunizieren, wurde pandemiebedingt auf den 14. März 2022 verschoben.

Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts bei einer Chargenprüfung
Mitarbeiter des Paul-Ehrlich-Instituts bei einer Chargenprüfung

Nicht staatliche Förderungen

Die Einnahmen des PEI bestehen im Wesentlichen aus Gebühren für Amtshandlungen (PEI-Kostenverordnung, Tierimpfstoff-Kostenverordnung). Zusätzliche Einnahmen entstehen aus Aufträgen der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) und anderer Einrichtungen im Gesundheitswesen (z. B. anderer Zulassungsbehörden) sowie Zuwendungen durch u. a. die Europäische Kommission, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Europäische Union. Aber auch Finanzmittel des hessischen Loewe-Zentrums, einer Initiativförderung des Landes Hessen, von Privatorganisationen, Vereinen oder NGOs (Nichtregierungsorganisationen) fließen in die Projektarbeiten des Paul-Ehrlich-Institutes ein.

Wächter der Impfstoffe

Nicht nur im Rahmen der aktuellen Corona-Krise leistet das Institut einen äußerst wichtigen Beitrag bei der Prüfung von Impfstoffen, da es die Untersuchungen in einem solchen Zusammenhang auch auf die Ursachenerforschung von unerwarteten Nebenwirkungen ausrichtet und so dazu beiträgt, diese in Zukunft zu verhindern.

Als Mitglied des ICMRA, eines freiwilligen Zusammenschlusses weltweit agierender Arzneimittelbehörden, und im Rahmen der Global-Health-Protection-Programme unterstützt das Institut bei wesentlichen Strukturfragen und Zugangsmöglichkeiten von Impfstoffen und Blutarzneien. Vor der Corona-Pandemie war diese Arbeit auf zahlreiche Regionen in West- sowie Süd-Ostafrika ausgerichtet. Für derartige Maßnahmen und Projekte ist eine weltweite Vernetzung mit einer Vielzahl von verantwortlichen Stellen eine zwingende Voraussetzung, die das Paul-Ehrlich-Institut durch viele Jahrzehnte intensiver Zusammenarbeit nachweisen kann. Die Leistungsfähigkeit als Kooperationszentrum der WHO spricht hierbei für sich und bietet auch im Rahmen medizinischer gesundheitlicher Krisen einen entscheidenden wissenschaftlichen Vorsprung.

Herkulesaufgabe: Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie stellte auch das Paul-Ehrlich-Institut vor große Herausforderungen. Unter der Bündelung aller Kräfte und in Zusammenarbeit mit international tätigen Stellen ist das Institut wegweisender Berater beim Kampf zur Eindämmung der COVID-19-Infektionen. Im Zuge der Impfstoffentwicklung führte das Institut qualitätssichernde Inspektionen durch, die auch für das spätere Zulassungsverfahren von entscheidender Relevanz waren und noch sind. Die klinische Prüfung, Bewertung und Genehmigung bedürfen der Zustimmung des Institutes, damit die allgemeinen Richtlinien zur Sicherheit von Arzneimitteln umgesetzt werden. Hierzu sind klinische Tests und ausreichende Erprobungen am Menschen unerlässlich, um unerwünschte Wirkungsweisen weitestgehend auszuschließen. Eine sorgfältige Dokumentation ist vor der endgültigen Zulassung durch das Paul-Ehrlich-Institut inbegriffen und eine Chargenfreigabe von Impfstoffen erfolgt erst nach einer absoluten Qualitätssicherung und den Kriterien zur Wirksamkeit sowie Unbedenklichkeit. Damit ist dem gesundheitlichen Wohl auf nationaler und internationaler Ebene Rechnung getragen. Das Melden von Verdachtsfällen von Nebenwirkungen ist eine zentrale Säule für die Beurteilung der Sicherheit und wird auch nach Zulassung fortgeführt. Dass bei den Corona-Impfstoffen eine so schnelle Chargenfreigabe erfolgte, wurde möglich, da das PEI die experimentelle Prüfung der Chargen bereits zu einem Zeitpunkt begonnen hatte, zu dem der Hersteller ebenfalls noch Chargentests durchführte.

Für Europa wird das Zulassungsverfahren für COVID-19-Impfstoffe durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA (European Medicines Agency) koordiniert. Die Impfstoffbewertung der EMA nehmen die Expertinnen und Experten der nationalen Arzneimittelbehörden Europas vor. Eine Empfehlung für das Impfen gegen eine Infektionskrankheit gibt in Deutschland die Ständige Impfkommission STIKO beim Robert Koch-Institut, in der das Paul-Ehrlich-Institut als Gast vertreten ist. Die STIKO ist auch für die Priorisierung der Impfung zuständig. Die Verteilung ist allerdings Aufgabe der Bundesländer.

Quellen: Paul-Ehrlich-Institut, Bundesministerium für Gesundheit, Zentrum für Infektionsforschung, GpHH, WHO, Global Health System, Tagesschau

Autor: VHSt
Fotos: (c) Paul-Ehrlich-Institut, Eingang PEI in Langen: Paul-Ehrlich-Institut/Morgenroth

HBZ · 03/2021
 
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