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Hamburger Geschichtswerkstätten

Finkenwerder Geschichtswerkstatt

Der 1. Vorsitzende Peter Kaufner vor der Fritz-Schumacher-Kapelle auf dem Alten Friedhof
Der 1. Vorsitzende Peter Kaufner vor der Fritz-Schumacher-Kapelle auf dem Alten Friedhof

Ursprünglich als 'Arbeitskreis Außenlager Deutsche Werft des KZ Neuengamme' gegründet, ist die heutige Geschichtswerkstatt ein bedeutender Akteur in der Erinnerungskultur im Stadtteil Finkenwerder.

Schwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit Krieg und Vertreibung und die Erinnerung an die NS-Zeit, in der KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter aus ganz Europa nach Finkenwerder verschleppt wurden. Aber auch das Bewahren der Arbeits- und Alltagsgeschichte der Bewohner des Stadtteils in der Nachkriegszeit ist heute ein Fokus.

Arbeitskreis gegen das Vergessen

Ein zur Einweihung des Mahnmals für die Opfer des Nationalsozialismus 1996 anwesender ehemaliger KZ-Häftling des Außenlagers in Finkenwerder, der Däne Ernst Nielsen, verhalf dem damals noch aus drei Personen bestehenden Arbeitskreis zu wertvollen Kontakten zu Zeitzeugen und teilte seine persönlichen Erinnerungen. Verbunden mit Aufrufen in der Presse und über den Kontakt zur KZ-Gedenkstätte Neuengamme meldeten sich daraufhin vor allem Menschen, die als Kinder und Jugendliche die Schreckensherrschaft erleben mussten und berichteten.

Zwei Jahre später, zum Jahrestag der Novemberpogrome, wurden die Ergebnisse der Aufklärungsarbeiten zum ersten Mal präsentiert. "Nicht alle Finkenwerder reagierten positiv, da viele Verbindungen lokaler Persönlichkeiten zum NS-Regime offengelegt wurden, was als 'Nestbeschmutzung' angesehen wurde", erinnert sich Peter Kaufner, 1. Vorsitzender der Geschichtswerkstatt Finkenwerder. Die Gruppe entschloss sich, trotzdem oder auch genau deshalb weiter zu recherchieren und die Ergebnisse regelmäßig der Öffentlichkeit zu präsentieren. Ihr Ziel war es, das gesamte Spektrum der Nazi-Verbrechen an den unterschiedlichen Opfergruppen sowie Tätergruppen mit Ortsbezug zu benennen und das damalige gesellschaftliche Umfeld zu reflektieren. Dabei zeigten sie nicht nur widerständige Handlungen und Haltungen auf, sondern hinterfragten auch kritisch die Darstellungen in Orts-, Firmen- und Kirchenchroniken der Nachkriegszeit. "Heute leben kaum noch Zeitzeugen, weshalb wir unseren neuen Fokus auf die Nachkriegszeit gelegt haben. Besonders zu dem Ereignis der Sturmflut haben wir viele Erlebnisberichte von lokalen Zeitzeugen gesammelt", sagt Peter Kaufner.

Finkenwerder Geschichtswerkstatt e.V.
Fritz-Schumacher-Kapelle
Norderkirchenweg 73 (Friedhofs-Tor)
Telefon: (040) 742 79 92
www.finkenwerder-geschichtswerkstatt.de

Öffnungszeiten:
bei freiem Eintritt November bis Februar: nach Vereinbarung
März bis Oktober: Dienstag 16 bis 19 Uhr, Donnerstag 15 bis 18 Uhr


Mahnmal von Axel Groehl für die Opfer des Nationalsozialismus
Mahnmal von Axel Groehl für die Opfer des Nationalsozialismus

Historischer Standort

Der Sitz der seit 2019 als Geschichtswerkstatt anerkannten Initiative ist eine kleine Kapelle auf dem Alten Friedhof Finkenwerder, die zu den wenigen von Fritz Schumacher entworfenen Gebäuden des Stadtteils gehört. Verwahrlost und von den Anwohnern als Schandfleck betitelt, sollte das frühere Kleinod aus dem Jahr 1926 abgerissen werden. Durch den gemeinsamen Einsatz der Geschichtswerkstatt, des Regionalausschusses Finkenwerder und der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte konnte der Abriss 2012 verhindert und eine denkmalgerechte Grundsanierung und -restaurierung für rund 100.000 Euro realisiert werden.

Seit 2015 erstrahlt die kleine Kapelle wieder im alten Glanz und dient ihrem neuen Zweck als Gedenk- und Lernort und Sitz der Geschichtswerkstatt Finkenwerder. Toiletten gibt es zwar noch nicht, aber daran arbeitet man gerade, so Kaufner.

Vielseitige Aufgaben

Neben Teilnahmen an wiederkehrenden Veranstaltungen organisiert die Geschichtswerkstatt auch Führungen zu den Orten des Gedenkens für Interessierte, Spurensuchende und Schülergruppen. Hierzu gehören neben der Kapelle und dem Friedhof auch das Mahnmal, die ebenfalls von Fritz Schumacher entworfene Gorch-Fock-Halle mit Wandmalereien von Eduard Bargheer, der auf dem alten Friedhof begraben liegt und die Ruine des U-Boot-Bunkers FINK II, der auf dem Sicherheitsgelände von Airbus ist und daher nicht begangen werden kann.

Aktuelle Ausstellungen

Zwar finden pandemiebedingt viele Veranstaltungen noch online statt, aber ab 1. Februar bis 1. Mai 2022 gibt es auch wieder eine Präsenzausstellung in der Kapelle. "Land unter! Die Flut in Finkenwerder" zeigt Fotos der Auswirkungen der Naturgewalten und neue Filme von Zeitzeugen aus Finkenwerder.

Fotos: Mahnmal und Schumacher-Kapelle © Samira Aikas

Autor: Samira Aikas

HBZ · 02/2022
 
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