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Was gegen Fanatiker und Pseudoexperten hilft

Gewiss erwarten Sie, nach dem Lesen dieses Beitrags mehr zu wissen als vorher. Es würde Sie überraschen und enttäuschen, wenn es am Ende nicht so wäre. Denn das Nichtwissen hat einen miserablen Ruf.

Kein Wunder, konfrontieren uns doch die größten Krisen unserer Zeit - ob Pandemie, Klimawandel oder Krieg - auf ihre je eigene Weise mit dem schier ungeheuren Ausmaß unseres Nichtwissens.

Und Nichtwissen ist schwer auszuhalten. Wissensmangel macht uns orientierungslos. Liefert die Wissenschaft dann nicht schnell genug Erklärungen und Prognosen oder scheinen diese zu komplex, zu ambivalent, zu unsicher, dann verlegen sich viele lieber auf andere Quellen, auf simple Pauschalisierungen, auf Halbwissen und Scheinwahrheiten.

Verschwörungsmythen, Esoterik, Wunderglaube

Immer öfter greifen Menschen in die Trickkisten von Verschwörungstheorien, esoterischen Lehren oder religiösem Wunderglauben. Denn tatsächlich hat die Wissenschaft im Vergleich mit den früher vorherrschenden "großen Erzählungen" in vielen Zusammenhängen eine geringere Erklärungsmacht. Religion etwa kann auf fast alle existierenden Fragen eine scheinbar klare Antwort geben - und sei es durch Verlagerung auf höhere Instanzen oder in den Bereich subjektiver Erfahrung.

Fehlbarkeit wissenschaftlicher Annahmen

Die Wissenschaft hingegen macht explizit, was sie nicht weiß. Anders als dogmatische Ideologien bietet sie keine einfachen und letztgültigen Wahrheiten, sondern ihr Wahrheitsverständnis ist komplex und prozesshaft: Was in ihr nach und nach als Tatsache Anerkennung findet, kann später wieder verworfen werden. Nichtwissen, Unsicherheit und Dissens sind integrale Begleiter jedes wissenschaftlichen Fortschritts. Mehr noch: Mit der Zunahme des Wissens nimmt paradoxerweise auch das Unwissen zu, weil sich an jede Antwort unmittelbar viele neue, zuvor nicht formulierbare Fragen anschließen.

Reflexion des Unwissens

Das alles weiß die Wissenschaft. Sie reflektiert ihr Unwissen und systematisiert sogar seine Erscheinungsformen. So gibt es Dinge, die wir nicht wissen, aber wissen können, Dinge, die wir nicht wissen und auch nicht wissen können, oder auch Dinge, von denen wir nicht wissen, ob wir sie wissen können oder nicht. Vor allem aber gibt es Dinge, von denen wir nicht einmal wissen, dass wir von ihnen wissen könnten.

Ja, ohne Wissen sind wir orientierungslos. Aber nehmen wir an, Sie fragen nach dem Weg: Ist es Ihnen lieber, wenn Ihnen jemand die Richtung weist, ohne diese zu kennen, und dabei völlig überzeugt scheint? Oder ist Ihnen weitaus mehr geholfen, wenn die ehrliche Antwort lautet: "Ich weiß es nicht"?

Wir brauchen eine Kultur, die nicht nur Wissen, sondern auch Nichtwissen anerkennt, würdigt und sogar schützt, anstatt es zu dämonisieren. Nur so nehmen wir den Patentlösern den Wind aus den Segeln, den Pseudoexperten und Esoterikern, den Obskuranten und Mystagogen, den Dogmatikern und Fanatikern aller Couleur, die unsere Angst vor dem Ungewissen instrumentalisieren. Und nur so bleiben die mit wachsendem Nichtwissen verbundenen Risiken offenbar. Wir müssen souverän werden im Nichtwissen.

Autor: VHSt

HBZ · 05/2023
 
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