
Aufgeblättert: Buchtipp
Pfeffersäcke mit Nilpferdpeitsche
 |
 |
Buchcover: (c) Piper Verlag |
"Pfeffersäcke" - so nannte der Volksmund die durch Gewürzhandel wohlhabend gewordenen Kaufleute der norddeutschen Hanse spöttisch.
Spätere Händlergenerationen erwarben ihren Wohlstand auch durch den Handel mit Zucker, Kaffee und Tabak, importiert aus Übersee.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts seien es dann hanseatische Geschäftsleute aus Hamburg und Bremen gewesen, die vor allem in Afrika Kolonien gründeten und Reichskanzler Otto von Bismarck dazu brachten, dafür die staatliche Verantwortung zu übernehmen, schreibt Dietmar Pieper. Der frühere Spiegel-Redakteur arbeitet in Zucker, Schnaps und Nilpferd-Peitsche akribisch heraus, wie viel Blut an dem durch den Handel mit Kolonialwaren erworbenen Reichtum klebt. Seit den Zeiten des auch durch Sklavenarbeit reich gewordenen Heinrich Carl von Schimmelmann (1724-1782) profitierten hiesige Kaufleute davon. Im Zusammenspiel mit Reedern und Bankiers forcierten sie den Erwerb von Kolonien, in denen nicht nur die Nilpferdpeitsche zum Einsatz kam. Prügelstrafen und Zwangsarbeit mündeten in eine Entwicklung, an deren Ende Anfang des 20. Jahrhunderts der Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia stand, die von deutschen "Schutztruppen" - eingeschifft von der Hamburger Woermann-Linie - zu Zehntausenden zum Verdursten in die Wüste getrieben wurden.
Ein aufrüttelndes, der Aufklärung verpflichtetes Buch, das am Mythos des Ehrbaren Kaufmanns kratzt, indem es ein düsteres Kapitel der deutschen Geschichte schonungslos beleuchtet. Seinem Wesen nach sei der Kolonialismus ein ökonomisches und kein machtpolitisches Unternehmen gewesen, betont Pieper. Mit negativen Folgen bis heute, wie der Autor analysiert: "Der hemmungslose Umgang mit Ressourcen, der den Kolonialherren zur zweiten Natur wurde, dürfte die wichtigste Ursache des menschengemachten Klimawandels sein."
Dietmar Pieper, Zucker, Schnaps und Nilpferdpeitsche. Wie hanseatische Kaufleute Deutschland zur Kolonial-Herrschaft trieben., Piper Verlag, München 2023, 352 Seiten, 24 Euro.
Autor: Volker Stahl
Fotos: (c) Piper Verlag
HBZ · 03/2024
Weitere Meldungen:
Archive - das Gedächtnis Hamburgs
Wer sich für Hamburgs Historie interessiert, kann auf nahezu unerschöpfliches Material zurückgreifen, das in städtischen und privaten Archi...
HBZ · 10/2025
Editorial
Liebe Mitglieder des VHSt, liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich will man noch "Im Märzen der Bauer" singen und schaut raus und denkt "... und kam die goldene Herbstesze...
HBZ · 10/2025
Unterschätztes Genre?
Laut dem deutschen Duden ist ein Kriminalroman »ein Roman, bei dem ein Verbrechen und seine Aufklärung im Mittelpunkt stehen«....
HBZ · 10/2025
Das Hamburg-Rätsel
Liebe Leserin und lieber Leser, mit unserem Hamburg-Rätsel können Sie testen, wie gut Sie Hamburg kennen....
HBZ · 7/2025
Aufgeblättert: Buchtipp
Ein Hamburg-Führer, der anders ist als seine unzähligen Vorgänger....
HBZ · 7/2025
Geschichten aus Hamburgs Geschichte
Der Paternoster-Aufzug "befördert" freisinnige Hanseaten seit 140 Jahren....
HBZ · 7/2025