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Auf den Spuren des Kolonialismus in Hamburg

Buchcover: (c)  Junius Verlag
Buchcover: (c) Junius Verlag
Spuren der Kolonialgeschichte finden sich an vielen Orten in der Hansestadt, die besonders stark von der Ausbeutung in Übersee profitiert hat.

Ein Beispiel: "In Hamburg starben für Kaiser und Reich" ist auf einer Gedenktafel im Michel zu lesen. Gedacht wird der hanseatischen Soldaten, die in Afrika und China ihr Leben ließen. "Ehre ihrem Andenken", heißt es weiter. "Ehre" für Kämpfer, die in deutschen Kolonien nationalpolitische und vor allem wirtschaftliche Interessen "mit Gewalt bis hin zum Völkermord an den Herero und Nama" durchsetzten, wie die Historikerin Anna Prochotta schreibt? Sie findet es "skandalös", dass hundert Jahre nach dem Völkermord mit geschätzt 90.000 Toten immer noch der Täter - und nicht der Opfer - gedacht wird.

Erst Ende der 1960er-Jahre thematisierten Studenten die Geschichtsklitterung, die Proteste verpufften ohne Wirkung. Als 2013 Herero-Aktivisten im Michel Fotos zeigten, die im deutschen Namen begangene Kolonialverbrechen dokumentierten, ließ Hauptpastor Alexander Röder die Bilder entfernen. Er argumentierte, auch die Gefallenen der Kolonialtruppen seien "Opfer".

Auch im Jahr 2024 gibt es in Hamburg für die Opfer aus dem heutigen Namibia noch immer keinen Gedenkort im öffentlichen Raum. Der Stadtführer Koloniales Hamburg stellt die Orte der kolonialen Vergangenheit Hamburgs dar und macht anhand von vier Stadtteilrundgängen und zwei Radtouren ein trauriges Kapitel der Stadtgeschichte sichtbar.

Nicht nur der Hafen und die Kaufleute profitierten Ende des 19. Jahrhunderts von den eingeschifften Produkten wie Kaffee und Kakao - um die Weiterverarbeitung von Rohstoffen wie Kautschuk und Palmöl entstand auch eine Industrie. Für einen "Farbtupfer" sorgten Äthiopier, Singhalesen und Somalier, die in Hagenbecks "Völkerschauen" präsentiert und begafft wurden. Auch im Stadtbild führt der Kolonialismus ein "umkämpftes Nachleben", konstatiert die Autorin mit Blick auf das MARKK (früher: Völkerkundemuseum), das Hauptgebäude der Universität oder Denkmäler und Straßennamen. Es ist an der Zeit, dass die Stadt dieses unselige Kapitel ihrer Geschichte endlich umfassend aufarbeiten lässt.

Anna Prochotta: Koloniales Hamburg, Junius Verlag, Hamburg 2024. 288 Seiten, 24 Euro.


Autor: Volker Stahl
Fotos: (c) Junius Verlag

HBZ · 11/2024
 
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