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Museum der Arbeit

Das Fahrrad

In Deutschland besitzt statistisch jeder ein Rad, der es zu fahren vermag. 71 Millionen Fahrräder beträgt der Bestand. Radfahren ist gesund, leise, umweltfreundlich und schnell, gerade bei innerstädtischen Fahrten bis fünf Kilometer.

Als faszinierende Erfindung und effizientes Fortbewegungsmittel hat das Fahrrad in viele Bereiche der Technik-, Kultur- und Mobilitätsgeschichte hineingewirkt. So ist das Fahrrad auch zum Kerninstrument zukunftsorientierter Stadtplanung geworden.

Das Museum der Arbeit zeigt bis zum 1. März 2015 die Ausstellung "DAS FAHRRAD" und präsentiert auf 650qm Ausstellungsfläche mit über 100 Fahrrad-Ikonen der letzten 200 Jahre die technische Entwicklung, das Design, die vielfältigen Fahrradszenen sowie Mobilitätsaspekte der Gegenwart und Zukunft.

Meilensteine der Fahrradentwicklung

Den Anstoss zur Entwicklung des modernen Fahrrads gab 1817 der grossherzoglich-badische Forstmeister Karl Friedrich Drais von Sauerbronn. Ein Fussgänger, so überlegte er, hebt bei jedem Schritt seinen Schwerpunkt und verschwendet dabei unnötig Energie. Ein zweirädriges, einspuriges Gefährt, auf dem der Fahrer sitzt und sich mit den Beinen abstösst, hat diesen Nachteil nicht. Die Idee des Laufrades war geboren, das dem Fussgänger und sogar der Postkutsche in Punkto Geschwindigkeit deutlich überlegen war. Der Fahrer sitzt auf einem gepolsterten Holzbalken, Teil des Rahmens, an dem die beiden Räder befestigt sind. Das Vorderrad ist lenkbar. Die Laufmaschine hat sogar eine einfache Bremse.

Die erste Ausfahrt von Drais mit seiner Laufmaschine, später auch "Draisine" oder "Veloziped" genannt, führte am 12. Juni 1817 von Mannheim zum etwa sieben Kilometer entfernten Schwetzinger Relaishaus im heutigen Mannheimer Stadtteil Rheinau. Drais brauchte für den Hinund Rückweg nur eine knappe Stunde. Damit erreichte er auf der 22 Kilogramm wiegenden Laufmaschine eine durchschnittliche Geschwindigkeit von etwa 15 Stundenkilometern. Die Postkutsche brauchte für den gleichen Weg die vierfache Zeit. In vier Stunden soll Drais auf dem Laufrad die 50 Kilometer lange Strecke von Karlsruhe nach Kehl zurückgelegt haben.

Der folgende erste Fahrradboom sollte nicht lange anhalten. Weil die Benutzer der Laufmaschinen die am besten hergerichteten (Geh-) Wege benutzen, kollidierten sie immer wieder mit Fussgängern, was im Jahr 1820 ein Fahrverbot nach sich zog. Ein Nachbau des Laufrades von Karl Drais ist wie weitere fast 50 Exponate - zumeist Originale - auf der Ausstellung zu sehen.

Ab 1860 war das Tretkurbel-Rad auf dem Markt. Kurbelwerk und Pedale waren direkt mit der Vorderachse starr verbunden. Weil sich bergab die Pedale kräftig drehten, hatten manche Modelle in Höhe des Lenkers eine Vorrichtung, auf die der Fahrer die Beine ausserhalb des Gefahrenbereiches legen konnte. Eine Bremse gab es nicht. Gestoppt wurde das Gefährt aus Stahlrahmen, Holzspeichen und Eisenbereifung durch das Drehen der Lenkstange. Der "Knochenschüttler" hatte ein Gewicht von etwa 30 Kilogramm.

In Mode war damals das Radeln vor allem auf den Boulevards in Paris. So verwundert nicht, dass im Jahr 1869 von 129 französischen Velozipedfabrikanten 66 Sitz in Paris hatten. Die ausgestellten Modelle aus der Zeit um 1888 zeigen bereits eine Vollgummibereifung. Vom Kurbelwerk der Mittelpedale wurde die Kraft via (Block-)Kette auf die Achse des Hinterrades übertragen.

Das Hochrad aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bezeichnet die Ausstellung als den "elegantesten Irrtum der Fahrradgeschichte". Das überdimensionierte Vorderrad kam in Mode, weil bislang ausschliesslich die Grösse der Räder die Geschwindigkeit bestimmt hatte. Mit der Verwendung von Stahlfelgen und Drahtspeichen gelang es, das Gewicht in Grenzen zu halten. Arbeiter und Angestellte konnten sich den Drahtesel nicht leisten. Diese hätten beim Kauf ein knappes Jahresgehalt investieren müssen. 1888 war das Jahr einer weiteren bahnbrechenden Erfindung: der Luftreifen von John Boyd Dunlop.

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts war das Fahrrad ausgereift. Jetzt begannen die Verbesserungen im Detail. Für die Herren hatte sich der Diamant- Rahmen durchgesetzt, für die Frauen der Schwanenhals-Rahmen. Fichtel & Sachs baute seit 1903 diese Torpedo-Freilaufnabe, wenig später auch mit Nabenschaltung, eine Erfindung von Ernst Sachs nach achtjähriger Entwicklung. Sie war jahrzehntelang Standard an fast jedem Gebrauchsrad. Die Beliebtheit der kostengünstigen Torpedo-Freilaufnabe beim Kunden ging vor allem auf ihren jahrelang wartungsfreien Betrieb zurück. Die höchsten Produktionszahlen wurden zwischen 1960 und 1980 erreicht.

Highlights der Ausstellung

Fahrräder, u. a. aus den renommierten Sammlungen laden zu einer interdisziplinären Reise durch die Geschichte des Kultobjekts Fahrrad ein. Zu den in der "Highlight-Galerie" gezeigten Klassikern zählen u. a. eines der ersten deutschen Hochräder der Firma Adler von 1885, das "Hirondelle", ein Sicherheitsniederrad von 1890 mit sichelförmigen Rahmen, das legendäre "Rad der Sieger", ein Holzfelgen-Rennrad der Firma Diamant von 1930 oder das kuriose "Swing Bike" von 1977 mit Hinterradlenkung.

Hinzu kommen Folke Köbberling und Martin Kaltwasser mit ihrer Arbeit "Autos zu Fahrrädern", ein in zwei Fahrräder transformierter Saab Turbo 900, Jeffrey Shaws interaktive Installation "The Legible City" und der Fahrradporsche "FERDINAND GT3 RS" von Hannes Langeder.

Ebenso vertreten sind Fischmobs legendäres Video "Bonanzarad", ein Zusammenschnitt von "A Sunday in Hell", ein Dokumentarfilm von Jørgen Leth über das Radrennen Paris - Roubaix, der "Königin der Klassiker" bzw. der "Hölle des Nordens" sowie weitere Film-Ausschnitte aus "Das grosse Rennen von Belleville", "Breakin L. A." und "Das Mädchen Wadjda". Hinzu kommen Fahrrad-Kurzfilme u. a. "The Man Who Lived On His Bike", "Two Wheels Good", "El Diablo" oder "Confessioins of a Pedalphile". Das Foto-Projekt "we are traffic" präsentiert sich mit ausgewählten Arbeiten seiner Hamburger Porträts und der "Mobilitätsraum" wirft einen Blick über Hamburgs Fahrrad Grenzen hinaus auf die Verkehrsentwicklungen in London, Los Angeles und die Fahrrad- Metropole Kopenhagen.

Fortbewegungsmittel der Stunde

Das Fahrrad ist gegenwärtig das Fortbewegungsmittel der Stunde. Vor dem Hintergrund eines wachsenden Bewusstseins für Gesundheit, Nachhaltigkeit und Umweltschutz sowie zunehmender Verkehrs- und Mobilitätsprobleme in Grossstädten, erfährt das am meisten benutzte Verkehrsmittel der Welt eine Renaissance. Ob als Teil des urbanen Lebensstils und als modisches Lifestyle-Produkt oder als kostengünstige und gesundheitsfördernde Alternative auf dem Weg zur Arbeit, das effizienteste von Muskelkraft angetriebene Fortbewegungsmittel der Welt, ist Statussymbol, Hoffnungsträger für Verkehrs- und Stadtplaner sowie Herausforderung bei der Neuordnung des städtischen Raums zugleich.

Autor: VHSt / Museum der Arbeit

HBZ · 09/2014
 
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