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Das Netzwerk des Führungsnachwuchses

Die Ratten-AG

Das aktuelle Sprecher:innen-Team der Ratten-AG
Das aktuelle Sprecher:innen-Team der Ratten-AG

Sie nennen sich selbst "Ratten". Es zeugt von Selbstbewusstsein und Humor, sich nach Tieren zu benennen, die viele eher als Schädlinge betrachten würden. Dabei gelten die Nager zugleich als besonders intelligent, sozial und anpassungsfähig - sicher nicht die schlechtesten Eigenschaften in der öffentlichen Verwaltung.

Und um diese geht es hier: Denn bei besagten "Ratten" handelt es sich um die Mitglieder des Netzwerks der aktuellen sowie ehemaligen Trainees und Nachwuchsführungskräfte der Freien und Hansestadt Hamburg. Sie bilden die "Arbeitsgemeinschaft der Jüngeren Regierungsrätinnen und Regierungsräte" - abgekürzt "Ratten-AG".

Seit Jahrzehnten aktiv

Wann genau, wie und durch wen das Netzwerk für den Führungsnachwuchs in der Hamburger Verwaltung entstand, konnten unsere Recherchen nicht klären. Auch Miriam Keppner und Tristan Heß vom aktuellen "Sprecher:innen-Team" der "Ratten-AG" haben es auf Nachfrage nicht in Erfahrung bringen können. Beide haben von 2021 bis 2023 das Traineeprogramm in der Sparte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften durchlaufen und sind seitdem bei der Freien und Hansestadt Hamburg beschäftigt.

Die älteste Spur zur Geschichte der "Ratten-AG", die uns vorliegt, ist ein Artikel in blickpunkt personal, herausgegeben vom Hamburger Personalamt. Im März 1998 wurde darin von einer Podiumsdiskussion zum Thema "Dienstrechtsreform - Einstieg in die Teilzeitarbeit" berichtet, ausgerichtet von der "Ratten-AG" auf Anregung ihrer Vollversammlung. Über die Geschichte des Netzwerkes selbst erfährt man aus der Publikation leider nichts Näheres.

Rege Beteiligung

Die Vollversammlung aber gibt es nach wie vor. Sie findet jährlich Ende Januar am Sitz einer der Hamburger Behörden statt. Neben einer Übersicht über die Aktivitäten des letzten Jahres wird das neue "Sprecher:innen- Team" gewählt. Es vertritt die AG gegenüber dem Personalamt und organisiert die Unternehmungen der "Ratten". "Alle Ratten können sich für die Mitarbeit im Sprecher:innen-Team melden und werden traditionsgemäß gemeinschaftlich in das Team gewählt (keine kompetitive Wahl)", berichten Keppner und Heß.

Go Active: Die Ratten in der Boulderhalle
Go Active: Die Ratten in der Boulderhalle

An der Vollversammlung nehmen in der Regel mehr als 100 Personen teil. Zunächst gehört man der AG als Trainee der Sparten Jura, Informationstechnologie sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an. Pro Jahr gibt es etwa 45 aktive Trainees. Zum Netzwerk gehören allerdings auch ehemalige Trainees, inzwischen oft in herausgehobener Position tätig. Der E-Mail-Verteiler, der über die Aktivitäten der "Ratten-AG" informiert, umfasst gegenwärtig mehr als 500 Personen.

Überparteiliche Vernetzung

Im Jahr 2003 waren es erst 172 Mitglieder, die die inzwischen eingestellte "Rattenpost" bezogen. Die Zahl ist einem Artikel der Welt am Sonntag entnommen, in dem das Netzwerk zum ersten und anscheinend einzigen Mal einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde. Hintergrund: Die CDU argwöhnte damals, dass die "Ratten" eine SPD-"Seilschaft" bilden würden.

Es war die erste Amtszeit von Ole von Beust, das erste Mal seit fast 50 Jahren, dass die CDU in Hamburg den Ersten Bürgermeister stellte. Allerdings erwies sich als größte Gefahr für die neue Regierung weniger die mutmaßliche Obstruktion durch die Beamtenschaft als der Zweite Bürgermeister Ronald Schill, den von Beust im August 2003 entließ, nachdem dieser ihn zu erpressen versucht hatte.

"Mir ist die Farbe eines Parteibuches völlig egal", erklärte gegenüber der Zeitung der damalige Leiter der Senatskanzlei, selbst CDU-Mitglied. Keppner und Heß bestätigen dies auch für die Gegenwart: "Parteibücher spielen bei der Auswahl der Trainees durch das Personalamt keine Rolle. Auch im Austausch untereinander spielen Parteizugehörigkeiten keine Rolle." Man wisse überhaupt nicht, wer von den "Ratten" einer Partei angehört. "Parteibücher spielen im Arbeitsalltag der allermeisten Verwaltungsmitarbeitenden keine Rolle, da diese auch nach Regierungswechseln ihre Stellen behalten." Ausdrücklich enthalte sich die AG politischer Stellungnahmen und beziehe keine Position zu Fachfragen.

Traineeprogramm und Netzwerk

Das aktuelle Programm für die Trainees stammt von 2016. Es sieht vor, dass die Neulinge jeweils sechs Monate an drei verschiedenen Stationen in der Hamburger Verwaltung Dienst tun. Dabei kann es sich um Fach- oder Senatsbehörden ebenso handeln wie um Bezirksämter, öffentliche Unternehmen oder andere mit der Verwaltung verknüpfte Organisationen. Deren Auswahl richtet sich nach der Sparte, für die man angenommen wurde. So verbringen etwa Juristinnen und Juristen stets eine Zeit im Rechtsamt eines Bezirks. Insgesamt ergibt sich so eine breite Streuung der "Ratten" über die gesamte Verwaltung, die sich bei den späteren Planstellen fortsetzt. Über genauere Angaben, wo die einzelnen Mitglieder heute tätig sind, verfügt die "Ratten-AG" nicht.

Neue Trainees werden automatisch in den E-Mail-Verteiler der AG aufgenommen und vom "Sprecher:innen-Team" persönlich begrüßt. Wie aufwendig dessen Arbeit ist, macht ein Überblick der Aktivitäten deutlich. Es gibt einen monatlichen Mittags- und Abendstammtisch für die gesamte AG. Einzelne Behörden und Stadtgebiete bieten weitere Stammtische an - zum Beispiel den "Inselstammtisch" in Wilhelmsburg am Sitz der BUKEA, in der Keppner und Heß arbeiten. Um die zehn Personen kommen bei diesen Gelegenheiten zusammen. Nicht zuletzt verhelfen die Stammtische neuen Trainees dazu, andere Angehörige des Netzwerks kennenzulernen. Weitere regelmäßige Aktivitäten sind ein Lesekreis zur Modernisierung der Verwaltung, eine Workshop-Reihe zur Sensibilisierung für Vielfalt und Antidiskriminierung oder eine Arbeitsgruppe zum Thema Nachhaltigkeit. Als "schöne Dinge organisieren" beschrieb eine Sprecherin im April 2022 ihre Aufgabe in "Eine Metropole gestalten ...", einem Podcast über Nachwuchsführungskräfte und Traineeprogramme der Stadt Hamburg.

Fortbildung und Freizeit

Die Veranstaltungen der "Ratten-AG" sind jedoch keineswegs nur Freizeitvergnügen wie das Sommerfest oder die Weihnachtsfeier, sondern haben auch Dienstbezug. Vier der so genannten "Werkstätten" werden pro Jahr als Arbeitszeit anerkannt. In deren Rahmen fallen auch Besichtigungen von Industriebetrieben, Kultureinrichtungen oder der Besuch einer U-Bahn-Baustelle und einer Justizvollzugsanstalt.

"Werkstätten" im vergangenen Jahr waren der Besuch beim Flugzeughersteller Airbus, im Temporären Haus der Photographie PHOXXI in den Deichtorhallen, in der Kläranlage von Hamburg Wasser, im Heizkraftwerk Tiefstack und beim Metallrecyclingbetrieb Aurubis sowie ein Gespräch mit der Zweiten Bürgermeisterin. Die jüngste Veranstaltung dieser Art war am 18. Januar 2024 eine "digitale Lunchwerkstatt" mit der Leiterin des Referats "Stärkung der Zivilgesellschaft" in der Sozialbehörde zum Landesprogramm gegen Rechtsextremismus.

Außerdem werden "Go Actives" angeboten wie Joggen, Bouldern und Kanufahrten sowie Theater-, Kino- oder Konzertbesuche. 2023 gehörten dazu auch ein Pub Quiz, ein gemeinschaftlich organisiertes Abendessen, ein Debattier-Workshop, der Besuch eines Konzerts in der Elbphilharmonie und eine Fahrradtour nach Lüneburg. Nicht zu vergessen die Reisen, von denen eine oder zwei im Jahr stattfinden und die ein verlängertes Wochenende oder eine Woche dauern können. 2023 waren Brüssel und Prag die Ziele. Sightseeing ist dabei nur Nebensache. Es geht vor allem darum, sich über die lokalen Verwaltungen und andere Institutionen zu informieren und Anregungen für die eigene Arbeit zu erhalten. Auf diese Weise werden zugleich internationale Beziehungen geknüpft und gestärkt. Insofern diese Reisen vor allem der Fortbildung dienen, wird den Trainees dafür meistens vom Personalamt Sonderurlaub gewährt.

Auf die Zukunft gerichtet

Natürlich spielen auch immer wieder aktuelle Entwicklungen in der Verwaltung eine Rolle: "Das Ratten-Netzwerk hat sich aktiv mit dem Kulturwandel in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt und möchte dabei eine aktive Rolle spielen", sagen Miriam Keppner und Tristan Heß. Ausdruck davon seien die Arbeitsgruppen zur Sensibilisierung für Vielfalt und Antidiskriminierung sowie Nachhaltigkeit, die sich in den letzten zwei Jahren gebildet haben. Vor allem gehe es den "Ratten" um den Austausch untereinander und die Fortbildung zu übergeordneten Themen, zu denen neben den genannten auch die Zukunft des Arbeitens gehört.

Doch natürlich hat das Netzwerk nicht zuletzt auch einen sozialen Wert, wie Miriam Keppner und Tristan Heß betonen: "Durch das Ratten-Netzwerk haben wir beide Freundschaften geknüpft, die über das Berufliche hinausgehen. Es ist schön, nicht nur zusammen zu arbeiten, sondern bei der Arbeit auch Freunde zu haben".

Autor: Volker Stahl
Fotos: (c) Ratten-AG

HBZ · 03/2024
 
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