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Eine Spurensuche

Das Gesicht

Mit faszinierenden Objekten aus Kunst, Kulturgeschichte und Wissenschaft begibt sich die Sonderausstellung des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden auf eine Spurensuche nach dem Gesicht und seinen Bedeutungen. Die HBZ-Redaktion hat einige Spuren verfolgt und verschiedene aufschlussreiche Erkenntnisse aufgelistet.

Das Gesicht als Gestalt

Der Blick ins Angesicht steht am Anfang der meisten persönlichen Begegnungen. Er prägt den Eindruck, den wir uns von einer Person machen. Häufig ist es das Gesicht, über das wir Menschen beurteilen oder sie einer Gruppe zuordnen. Die unendliche Vielfalt der Gesichter beruht einerseits auf naturgegebenen Unterschieden und lebenslangen Veränderungen; sie ist aber auch das Ergebnis aktiver Gestaltung, mit der wir unserer Persönlichkeit ein "Gesicht" verleihen möchten. Unsere körperliche Gestalt prägt unser Aussehen ebenso wie kulturelle Konventionen, wechselnde Schönheitsideale und Moden.

Solche Normen und Moden sind bewusst oder unbewusst im Spiel, wenn das individuelle Gesicht in täglicher Arbeit vor dem Spiegel immer wieder neu "gemacht" wird. Pflegestoffe und Kosmetika sind seit der Antike im Gebrauch; heute werden sie von der Kosmetikindustrie massenhaft verbreitet. Doch mit der plastischen Chirurgie haben sich die Möglichkeiten, in die individuelle Gestalt des Gesichts einzugreifen, radikal erweitert.

Die Augen sind die Fenster der Seele

Etwa 80 Prozent der Informationen über die Außenwelt nehmen wir über die Augen auf. Auch darum ist der Blickkontakt ein unverzichtbarer Bestandteil der zwischenmenschlichen Kommunikation. Wie kein anderes Körperteil können die Augen sprechen und die Kraft des menschlichen Blicks ist sprichwörtlich: "Wenn Blicke töten könnten."

Das Weiß der Augen ist bei keinem anderen Lebewesen so deutlich zu sehen wie beim Menschen. Schon von weitem ist die Blickrichtung zu erkennen. Auch die Augenbrauen heben sich deutlich von der helleren Haut ab, so dass sie den Ausdruck der Augen verstärken. Die Blickrichtung, die Größe der Pupillen, die Öffnung der Lider, all das sind wichtige Signale.

Ein offener Blick wirkt vertrauenserweckend, geschlossene Lider verbergen Geheimnisse. Jemanden im Gespräch anzublicken, signalisiert Interesse, zu langes Anstarren hingegen wird als bedrohlich empfunden. Mädchen und Frauen wird in vielen Kulturen beigebracht, den Blick zu senken, um Bescheidenheit und Unterwerfung zu zeigen. Die Augensignale sind vielfältig.

Besonders interessant ist auch das Verhalten der Pupille. Bei starkem Licht bewirkt die Iris ein Zusammenziehen, bei schwachem Licht erweitern sich die Pupillen. Sie öffnen sich jedoch auch dann, wenn die Augen etwas Angenehmes erblicken. Große Pupillen wirken sympathisch, in der Werbung werden daher die Augen der Models oft durch Augentropfen künstlich erweitert.

Punkt, Punkt, Komma, Strich - sonst nichts?

Mit wenigen Strichen ist ein Gesicht gezeichnet: Augen, Nase, Mund. Schon sehr kleine Kinder reagieren auf Bilder von Gesichtern stärker als auf andere Abbildungen. Und in den Gesichtszügen der Eltern nehmen sie jede kleine Regung wahr.

Der Blick ins Gesicht bleibt die wichtigste Informationsquelle, wenn wir andere Menschen beurteilen wollen. Dort sind die Sinnesorgane angesiedelt, mit deren Hilfe wir unsere Welt wahrnehmen. Gesichter sehen wir Tag für Tag. Oft begegnen wir ihnen von Angesicht zu Angesicht. Doch nicht nur das: Ständig blicken sie uns an - als Porträts Prominenter aus Illustrierten und von Bildschirmen, als Selfies im Internet, von Plakaten oder Gemälden. Unzählige Kameras und Datenbanken speichern Bilder von Gesichtern. Wie verändert diese mediale Allgegenwart unser Verhältnis zum Gesicht selbst? Welchen Einfluss hat das auf unser Selbstbild und unsere Kommunikation? Solchen Fragen widmet sich die Ausstellung.

Die meisten Begegnungen beginnen mit einem Blick in das Gesicht unseres Gegenübers. Daraus entsteht der erste Eindruck, den wir uns von einer Person machen. Häufig bewerten wir Menschen sogar nach ihrem Gesicht oder ordnen sie einer sozialen Gruppe zu. Warum aber sind wir so sicher bei unserer Einschätzung, ob jemand freundlich oder arrogant aussieht? Und: Was lesen die anderen aus meinem eigenen Gesicht ab?

Für sein Gesicht kann man nichts, so heißt es. Denn es ist ein Teil unseres Körpers, der uns von der Natur gegeben ist. Doch dabei belassen wir es nicht: Täglich bearbeiten wir unser Gesicht vor dem Spiegel mit Make-up, Pinzette oder Rasierapparat. Welchen Vorstellungen von uns selbst folgen wir dabei, welchen gesellschaftlichen Normen und Moden? Und wird unser Gesicht erst vollständig, wenn wir es den Blicken anderer aussetzen?

Die Sinnesorgane werden von zwei der entwicklungsgeschichtlich ältesten Teile des Gehirns gesteuert: dem Stammhirn und dem limbischen System. Letzteres erhält Reizeinwirkungen von allen Sinneskanälen und bewertet alle eingehenden Informationen durch die fünf verbreitetsten Gefühle: Glück, Traurigkeit, Wut, Furcht oder Ekel.

Die Gefühlsreaktionen lösen ihrerseits einen emotionalen Körperzustand aus. Und so kommt es, dass wir prompt lächeln, wenn wir einem netten Menschen begegnen - ohne vorher rational darüber nachgedacht zu haben. Auch das kann ein Grund sein, warum die Sprache des Gesichts von allen Menschen verstanden wird.

Wir sehen überall Gesichter, - selbst und gerade dort, wo gar keine sind: an Häuserwänden, auf Böden, in Wolkenformationen und in unterschiedlichsten Dingen des Alltags. Wenige Anhaltspunkte genügen uns, um darin Augen, Nase und Mund zu erkennen. Aus bloßen Mustern formt sich das Bild eines Angesichts. Genau umgekehrt verfahren die Techniken der Gesichtserkennung; sie lösen menschliche Gesichter in Datenmuster auf, um sie erfassen und identifizieren zu können.

Seit dem 19. Jahrhundert setzen polizeiliche Methoden auf die Sichtbarkeit des menschlichen Gesichts als Mittel der Identifikation. Für die Archive der staatlichen Verwaltung und die Überwachung durch Geheimdienste ist das fotografische Porträt zu einem begehrten Objekt geworden. Und die Kriminalistik zerlegt das Gesicht in einzelne Bestandteile, um eine Person auch über die Gestalt von Ohr, Nase oder Mund erkennen zu können. Heute drängt die elektronische Gesichtserkennung zunehmend in den Alltag und breitet sich an immer mehr Orten des öffentlichen Raums aus: in Bahnhöfen und Flughäfen, in Warenhäusern, auf Straßen und Plätzen.

Mimik und Ausdruck

Das Mienenspiel ist, neben Stimme und Körpersprache, wichtigstes Medium der Kommunikation. Menschen besitzen eine erstaunliche Fähigkeit, den Gesichtsausdruck der anderen intuitiv und unwillkürlich zu lesen. Aber nicht immer verstehen wir ihre Mimik, und manche Regungen bleiben rätselhaft.

Das variationsreiche und vieldeutige Mienenspiel erlernen wir, noch bevor wir sprechen lernen. In der frühkindlichen mimischen Interaktion mit unseren Bezugspersonen erwerben wir diese Fähigkeit, die uns zugleich zu gefühlsbegabten Individuen macht.

Die Psychologie, aber auch die Werbeindustrie versuchen, über die Mimik Zugang zu unseren Gefühlen zu finden. Seit langem arbeiten Wissenschaftler an einem Code, in dem sie das Mienenspiel als Zeichen einzelner Emotionen interpretieren. Dazu werden unter Laborbedingungen Gesichtsausdrücke nachgeahmt, aufgezeichnet, vermessen und die Daten ausgewertet. Heute übernehmen Computerprogramme diese Arbeit, und es gibt Software und Apps, die Gefühlserkennung - Emotion Detection - für jedermann versprechen. Doch, lassen sich unsere Gefühle über die Mimik eindeutig identifizieren? Und lässt sich die Vielfalt unserer Mimik auf ein Zeichensystem reduzieren?

Das Gesicht als Bildnis

Das Porträt oder Bildnis hält die äußere Erscheinung und die Gesichtszüge einer Person fest. Es will aber immer auch mehr und anderes zeigen: den Charakter, die gesellschaftliche Stellung oder ein Ideal. Zum Bild geworden, führt das Gesicht ein Eigenleben; es wird angeschaut und gedeutet, gerät an andere Orte, vor fremde Augen und in ferne Zeiten. Auch wenn uns Jahrhunderte von ihnen trennen, scheint es manchmal dennoch so, als könnten wir den Abgebildeten noch unmittelbar in die Augen schauen.

Die Geschichte der Bildnisse spiegelt die sich wandelnden Vorstellungen vom Menschen. So entstand die Idee der individuellen Persönlichkeit zusammen mit der Porträtmalerei in der Renaissance. Darstellungen von Gesichtern sind auch Produkte ritueller und künstlerischer, technischer und medialer Herstellungsverfahren.

Das Bildnis ist eine der traditionsreichsten Formen, ein öffentliches Image zu erschaffen und zu verbreiten. Porträts können aber auch die Vielgestaltigkeit und Wandelbarkeit des Gesichts vorführen. Seit der Erfindung der Fotografie kann jeder ein Bild von sich machen, vervielfältigen und verbreiten.

Wie stark prägt die mediale Entwicklung die Art und Weise, wie wir uns im Bild präsentieren? Und wie blicken wir auf Gesichter und wie gehen mit ihnen um?

Die Ausstellung versucht, eine Antwort auf die Fragen zu geben.


Autor: VHSt (Quelle: Deutsches Hygiene-Museum Dresden)

HBZ · 10/2017
 
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