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Buch über Unterelbegesetz und Gross Hamburg-Gesetz

Wie unser Hamburg entstand

(fk) Erst sehr spät ist Hamburg zu seiner heutigen Stellung als Metropole aufgestiegen -noch in den 1900er Jahren war es weit davon entfernt. Es hatte weniger als eine Million Einwohner und war kaum über seine traditionellen Grenzen hinausgekommen.

Ringsherum war es von den wachsenden preussischen Städten Wandsbek, Harburg und Altona umgeben. Die Situation veränderte sich mit einem Schlag vor 75 Jahren am 1. April 1937 mit dem Gross-Hamburg-Gesetz: Hamburgs Fläche wuchs um 80 Prozent, die Einwohnerzahl um 40 Prozent.

Die Hintergründe dieses einschneidenden Gesetzes hat jetzt der Schnelsener Jürgen Frantz in seinem vom Forum Kollau, dem Verein für die Geschichte von Lokstedt, Niendorf und Schnelsen, im April herausgegebenen Buch "Niendorf - Lokstedt - Schnelsen. Drei preussische Landgemeinden werden Hamburger Stadtteile" beschrieben.

Um die Hamburger Nachbargemeinden und die Stellung Hamburgs war schon weit vor dem Gross-Hamburg-Gesetz ein erbitterter Kampf entbrannt. Das grosse Altona - in seiner dänischen Zeit bis 1864 nach Kopenhagen die zweitgrösste Stadt Dänemarks - versuchte verzweifelt seine kränkelnden Finanzen durch die Eingemeindung reicher Nachbarn aufzubessern: Sein Auge war dabei insbesondere auf das wohlhabende Lokstedt gefallen. Es entbrannte ein wütender Abwehrkampf gegen die Altonaer Eingemeindungsgelüste - die Lokstedter bildeten sogar einen "Abwehrausschuss" gegen die Altonaer. In einem Flugblatt beschworen sie 1924 den Ernst der Stunde: "Seid alle auf der Hut! Es geht um die Blüte oder den Niedergang unseres Ortes." Die Stadtteile des heutigen Regionalbereichs Lokstedt fühlten sich Hamburg viel verbundener als Altona - das spiegelte sich nicht zuletzt in den Verkehrsverbindungen wider: "Bereits im Jahre 1840 konnte man mit dem Pferdeomnibus von der Hamburger Innenstadt bis zum Lokstedter Grenzhaus (Ecke Lokstedter Steindamm/Troplowitzstrasse) und mit der elektrischen Strassenbahn seit 1898 bis Lokstedt, seit 1907 bis Niendorf und seit 1912 bis Schnelsen fahren", erinnert der Autor. Auch in Hamburg war man mit der Situation unglücklich. Hamburgs Bürgermeister Petersen hielt 1927 eine Brandrede gegen das Hamburg umgebende Preussen, das die Hansestadt einschnüre und eingemeinden wolle. Die Streitigkeiten fanden erst mit dem preussischen Unterelbegesetz vor 85 Jahren ein Ende, das neben grösseren Altonaer Eingemeindungen (darunter Stellingen, Eidelstedt und Blankenese) auch für eine selbstständige Gemeinde Gross-Lokstedt mit Lokstedt, Niendorf und Schnelsen sorgte.

Die Vorgeschichte des Gross-Hamburg- Gesetzes ist einfacher zu erzählen als der Vorlauf des Unterelbegesetz von 1927. Seit 1933 herrschten die Nazis über Deutschland. Die Diktatur machte nicht viel Aufhebens um eine der grössten Umwälzungen der Hamburger Geschichte - für die Bevölkerung kam sie vollkommen überraschend: "Dazu genügt ein Federstrich", kommentierte Hitler auf einer Elbe-Bootstour die Schaffung einer grossen Metropole an der Elbe. Hamburg war nicht nur Gewinner bei diesem Aufstieg - es musste durch den Verlust von Exklaven wie Cuxhaven und Geesthacht auch Federn lassen. Für die angrenzenden Landkreise stellte sich der Verlust allerdings ganz anders dar: Sie verloren durch den "Federstrich" oftmals ihre am weitesten entwickelten und industrialisierten Gebiete an Hamburg.

Die "Neu-Hamburger" fanden sich schnell zurecht - ein Altonaer war ein prominentes Beispiel dafür. Mit Max Brauer wurde der letzten Altonaer Oberbürgermeister der erste von der Bevölkerung gewählte Hamburger Bürgermeister nach dem Krieg. Als Hamburger setzte er sich genauso vehement für die Eigenständigkeit seiner neuen Heimatstadt unter den deutschen Ländern ein, wie er vorher für ein vergrössertes Altona gekämpft hatte - nach seiner Überzeugung war es "hocherfreulich", dass nach der Neuordnung der deutschen Länder nach 1945 Hamburg selbständig geblieben war: "Unser Stadtstaat hat für das künftige Deutschland wichtige Aufgaben, die er nur als Selbstverwaltungskörper lösen kann."

Durch Faksimile-Abdruck der entscheidenden Gesetze aus der "Preussischen Gesetzsammlung" und dem "Reichsgesetzblatt" sowie Karten zum Eingemeindungskampf und zu Gross-Hamburg wird dieses Buch zu einem wichtigen Nachschlagewerk für den heimatkundlichen interessierten Hanseaten. Vergangenes und Geschehenes wird hier greifbar dargestellt. Auch das "Amtsblatt der Stadt Altona" vom 2. Juli 1927 mit der dicken Überschrift "Das grössere Altona in dritter Landtagslesung beschlossen!" ist in Faksimile abgedruckt.

Jürgen Frantz: Lokstedt-Niendorf-Schnelsen: Drei preussische Landgemeinden werden Hamburger Stadtteile, 84 Seiten, broschiert, ISBN 978-3- 00-037681-8, 7,90 Euro.

(Quelle: www.forum-kollau.de)

Autor: VHSt

HBZ · 12/2012
 
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